König von Deutschland statt preußischer Prinz
Heinrichplatz wird zum Rio-Reiser-Platz
Heinrich Prinz von Preußen (1781-1846) scheint, nach allem was bekannt ist, zu den sympathischeren Vertretern der Hohenzollerndynastie zu zählen.Dass er aber im eher linksalternativen Spektrum von SO36 eine Menge Fans hat, war nicht unbedingt zu erwarten. "Heini bleibt", stand es auf einem ihrer Plakate, das sie am 27. November in die BVV mitbrachten.
Wobei es mehr um den nach ihm benannten Platz ging. Der seit 1849 existierende Heinrichplatz wird zum Rio-Reiser-Platz, in Erinnerung an den Sänger („König von Deutschland“) und Frontmann der Band "Ton Steine Scherben". 27 BVV-Mitglieder stimmten dafür, acht dagegen. Dazu gab es zwölf Enthaltungen.
Mit dem Votum wird das Ergebnis einer Umfrage im Kiez sowie einer Bürgerversammlung umgesetzt (wir berichteten). An diesem öffentlichen Beteiligungsverfahren hegten die Freunde des Heinrichplatzes aber ihre Zweifel. Sie verwiesen auf 361 Unterschriften, die nach eigenen Angaben für den Erhalt des Heini zusammengekommen seien. Das wären mehr als beim offiziell eingeholten Meinungsbild.
Ein Rio-Reiser-Gedenken im öffentlichen Raum wird nicht grundsätzlich abgelehnt, aber keinesfalls am Heinrichplatz. Der stehe für eine ganz eigene Geschichte und Symbolik im Kiez. Wenn er nach Rio Reiser heißt, werden außerdem noch mehr Touristen und ein Gentifizierungsschub befürchtet.
Während der Debatte machte sich die Ablehnungsfront von der Tribüne aus immer wieder mit lautstarken, auch unqualifizierten Zwischenrufen bemerkbar. Ein Vertreter wurde aus dem Saal gewiesen, was auch den Abgang der meisten anderen zur Folge hatte.
Unabhängig davon zeigte das Abstimmungsergebnis, dass in der BVV ebenfalls keine einheitliche Begeisterung vorherrscht. Befürworter und eher Skeptiker fanden sich in mehreren Fraktionen.
Bei den Grünen war es zum Beispiel Pascal Striebel, der seine Ablehnung deutlich machte. Er begründete das mit der Vorgaben, dass im Bezirk eigentlich nur Frauen als Namensgeber von Straßen und Plätzen in Frage kommen sollten. Als Gegenposition wurde ins Feld geführt, dass Rio Reiser als bekennender Schwuler auch zu den lesbisch, Trans- oder Intersexuellen Menschen gehöre, die ebenfalls im Bezirk gewürdigt werden sollen.
Andere hielten wiederum gerade dieses Argument für sehr weit hergeholt. Oder doch nicht? Die Antwort darauf gab Werner Heck (Bündnis90/Grüne) mit einer sehr persönlichen Rede. Heck, Vorsitzender des Kulturausschusses, gehörte zuletzt zu den größten Befürwortern eines Rio-Reiser-Platzesz. Zu dieser Einschätzung sei er erst nach einiger Zeit gekommen, erklärte er. Für ihn gehe es auch nicht vordergründig darum, ob Rio Reiser einen Platz braucht, sondern "ob wir ihn brauchen".
Er selbst sei auf dem Land aufgewachsen, teilweise zu einer Zeit als im Strafgesetzbuch noch der "Schwulenparagraph" 175 existierte. Wer, wie er, in so einem Umfeld die eigene Homosexualität entdeckte, hatte es schwer, damit umzugehen oder gar dafür Akzeptanz zu finden, erinnerte Werner Heck. Halt hätten ihm Rio Reiser und "Ton Steine Scherben" gegeben – mit ihren offenen Texten, die das Thema schon in den 1970er-Jahren aus der Tabuzone holten.
Die Umbenennung ist für Herbst 2020 vorgesehen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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