Check-in und Abholautomat
"Bürgeramt der Zukunft" geht in vierjährige Pilotphase
Das „Bürgeramt der Zukunft“ wird in Kreuzberg getestet – mit Check-in und Abholautomat. Bis auch alle anderen Berliner Bürgerämter digital werden, dauert es aber noch ein paar Jahre.
Zwei Monate Wartezeit auf einen Termin im Bürgeramt und dann nochmal vier Wochen, bis der neue Personalausweis endlich abholfertig ist. Berlin hat die Digitalisierung verpasst. Dabei verpflichtet das „Onlinezugangsgesetz“ (OZG) alle Behörden dazu, ihre Verwaltungsleistungen bis 2022 auch digital anzubieten. Bereits vor sechs Jahren trat das Gesetz in Kraft. Nun macht sich Berlin endlich auf den Weg zum „Bürgeramt der Zukunft“.
Viel zu sehen ist davon im Ausbildungsbürgeramt an der Schlesischen Straße allerdings noch nicht. Trotzdem stellten Bezirk, Land und Bund das gemeinsame Pilotprojekt schon mal vor. Die neue Technik und das moderne Mobiliar sollen „schrittweise“ folgen. Dann können die Berliner dort künftig ihre Ausweisdokumente größtenteils digital beantragen und auch abholen. Dazu müssen sie sich an einem Self-Service-Terminal aber erst einmal anmelden und bestätigen, was ihr Anliegen ist. „Dieser digitale Check-in funktioniert ähnlich wie am Flughafen“, erklärte Vizebürgermeister Oliver Nöll (Linke), „vereinfacht Prozesse“ und mache sie schneller. Denn so könnten gebuchte Termine, zu denen kein Bürger erscheint, spontan neu vergeben und lange Warteschlangen vermieden werden. Getestet wurde der persönliche Check-in schon an der Schlesischen Straße und im Bürgeramt Yorckstraße. Laut Nöll mit Erfolg. „Wir haben dort bis zu zehn Prozent mehr Termine pro Tag anbieten können“, so der zuständige Fachbereichsleiter. Alle drei Bürgerämter in Friedrichshain-Kreuzberg decken täglich bis zu 800 Termine ab.
Im „Bürgeramt der Zukunft“ soll es zudem bahnbrechend Gratis-WLAN, Handy-Ladestationen und Getränkeautomaten geben. Und siehe da, auch biometrische Passfotos bekommt der Bürger künftig vor Ort an einer Fotostation – digital und kostenlos. Außerdem ist vorgesehen, dass hoheitliche Dokumente wie Pässe oder Führerscheine auch außerhalb der Öffnungszeiten in einer Ausgabebox abgeholt werden können – überwacht von Sicherheitsleuten. Ein modernes Wegeleitsystem soll dem Bürger Orientierung geben und ihn durchs Gebäude zum zuständigen Sachbearbeiter führen. Und wer lieber draußen warten will, kann einen QR-Code einscannen. Der zeigt die Wartenummern dann auf dem Handy an. Die digitale Technik stößt aber auch an Grenzen. Wer einen neuen Personalausweis oder Reisepass beantragen will, muss mindestens ein Mal persönlich beim Amt vorbeischauen. Wegen des Fotos und des Fingerabdrucks. Beides schreibt die EU vor.
Bis der Pilot umgesetzt ist, dauert es noch. Erst 2025 soll das „Bürgeramt der Zukunft“ komplett ausgerüstet sein. „Die neuen Geräte stellen wir aber nicht einfach so hin“, sagte Oliver Nöll. Wer mit den Automaten nicht klar komme, dem stehe Personal beratend zur Seite. Befristet ist das Projekt auf vier Jahre. Alle sechs Monate wird es ausgewertet. Was sich bewährt, solle aber möglichst schnell auch in den anderen 44 Berliner Bürgerämtern übernommen werden, kündigte der Chief Digital Officer des Senats, Martina Klement (CDU), an. Den Probelauf in Friedrichshain-Kreuzberg nannte die Staatssekretärin für Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung „ein gutes Beispiel dafür, wie wir Berlin und seine Verwaltung jeden Tag ein bisschen besser machen“.
Der Bund jedenfalls fördert das Projekt mit rund 500 000 Euro. Hauptziel ist, den personellen und zeitlichen Druck auf die Bürgerämter zu reduzieren. Das Terminproblem der Bürger soll dagegen ein anderes Projekt lösen. Das verspricht maximal 14 Tage Wartezeit. „Die Abschlussberichte dazu sind fertig und werden in einer abschließenden Sitzung in dieser Woche besprochen“, so Martina Klement. Sie hoffe, das Projekt in der kommenden Woche vorstellen zu können.
In Trier setzt der Bund einen ähnlichen Piloten wie in Friedrichshain-Kreuzberg um. Dort würden neun von 37 Dienstleistungen bereits digital angeboten, informierte Ernst Bürger, Abteilungsleiter Digitale Verwaltung beim Bundesinnenministerium. Die bundesweit 11 000 Kommunen seien in Sachen Digitalisierung "in unterschiedlichen Fortschrittstadien".
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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