Champagner und Kaviar für alle: "Museum des Kapitalismus" hat in Kreuzberg eröffnet
Es geht um "Mehrwert", "Akkumulation", "Arbeit" und natürlich "Kapital". Schon diese Begriffe weisen darauf hin, wer ein Ahnherr des neuen "Museums des Kapitalismus" ist.
Der Geburtstag von Karl Marx jährt sich am 5. Mai zum 200. Mal. Und selbst wer nur wenig Kenntnis von seinem Hauptwerk "Das Kapital" hat, verbindet solche Begriffe mit ihm.
Mit ihnen spielt auch das "Museum des Kapitalismus", das Ende Februar in der Köpenicker Straße 172 eröffnet hat. Die Macher, eine Gruppe von Studenten und jungen Berufstätigen, bezeichnen ihren Ausstellungsort als einzigen weltweit, der sich mit diesem Thema beschäftigt und wundern sich darüber, dass das so ist.
Der Kapitalismus ist allgegenwärtig, ihn darzustellen schon schwieriger. Es soll ja nicht langweilig werden und Erkenntnisgewinn vermitteln. Die Macher lösen das ganz gut. Mit anschaulichen Exponaten und interaktivem Begleitprogramm. Deshalb ist das Museum auch ziemlich zeitgemäß.
Anhand eines Wasserkreislaufs wird der kapitalistische Wirtschaftskreislauf dargestellt. Der Hauptfluss landet beim Kapitalisten, nur ein Rinnsal in Form von Lohn bei seinen Angestellten. Weshalb sich auch die Waage zwischen Kapital und Arbeit in einem weiteren Aufbau immer zu Lasten der letzteren neigt.
Es ist die klassische Struktur, beginnend bei Karl Marx, die dort weitgehend erzählt und präsentiert wird. Auch wenn Anklänge an die Jetztzeit nicht fehlen. So sei jeder Mensch Verkäufer seiner "Ware", die einige wenige zu Monopolisten macht. Das Geld wird als Wurzel dieses Übels ausgemacht Die Folge sind ein ungesättigtes Marktangebot einerseits und Verelendung andererseits. Dadurch seien die Menschen nicht mehr in der Lage, am Leben wirklich teilnehmen zu können. Der Kapitalismus ist krisenimmanent und vernichtet am Ende sich selbst, so lautet hier die Quintessenz.
Sie ergibt natürlich nicht das vollständige Bild. Schon von Marx unterschätzt wurden staatliche Eingriffsmöglichkeiten, von der Sozialgesetzgebung bis zur sozialen Marktwirtschaft. Alles kann, nichts muss unbedingt so kommen. Auch wenn richtig ist, dass die Auswüchse, vor allem des aktuellen Finanzkapitalismus, Marx heute mehr zu bestätigen scheinen als vor 30 oder 40 Jahren.
Dazu kommen die heutigen Veränderungen in der Arbeitswelt. Statt wie einst Massen von Fabrikarbeitern spielen heute Solo-Selbständige eine immer größere Rolle. Häufig in prekären Verhältnissen. Gleichzeitig sind sie auf ihre Art auch eine Form von "Kapitalisten". Im besten Fall können sie zu Start-up-Millionären werden. Wobei, ebenfalls richtig, die gesellschaftliche Schere zwischen arm und reich immer größer wird.
Und was ist die Lösung? Auch da bietet das Museum einige Antworten. Sie reichen vom Rückgriff auf den privaten Bereich, etwa dem Säen und Ernten eigener Lebensmittel und der Frage, was jemand wirklich benötigt, bis zur Utopie einer Gesellschaft, in der ein reiches Angebot an Waren frei zugänglich ist, aber nur bei wirklichem Bedarf in Anspruch genommen wird. Motto: Champagner und Kaviar für alle. Aber nicht immer.
Versuche in dieser Richtung sind bisher gescheitert. Was nicht dagegen spricht, sich damit und mit dem Kapitalismus auseinanderzusetzen. Aber er lässt sich eben nur eindimensional nicht fassen.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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