Der nächste Vorkaufswunsch: Vorgehen des Bezirks weckt Begehrlichkeiten

"Wir bleiben alle". Protestbanner an den Häusern Wrangelstraße 21 und 21a. | Foto: Thomas Frey
2Bilder
  • "Wir bleiben alle". Protestbanner an den Häusern Wrangelstraße 21 und 21a.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain-Kreuzberg. In zwei Fällen hat der Bezirk bisher bei Immobilien in einem Milieuschutzgebiet sein kommunales Vorkaufsrecht geltend gemacht. Zuletzt, wie berichtet, in der Glogauer Straße 3.

Dieses Einschreiten scheint sich so langsam zu einer Art Wunschkonzert zu entwickeln. Regelmäßig ist von Mietparteien zu hören, die für ihr Haus dasselbe Vorgehen verlangen. Manche werden auch gleich im Stadtplanungsausschuss vorstellig. So wie am 13. Juli die Bewohner der Wrangelstraße 21 und 21a.

Auch sie befürchten, dass ihre Gebäude kurz davor stehen, den Besitzer zu wechseln. Sie machen das an regen Besuchen von Menschen fest, bei denen sie Erwerbsinteressenten vermuten. Außerdem kursiere bereits ein Kaufpreis von mehr als fünf Millionen Euro. Eine Summe, die nach Einschätzung der Betroffenen den Verkehrswert weit übertreffe. Der Schluss, den sie daraus ziehen, liegt nahe: Die Häuser sollen luxussaniert und die Wohnungen danach teuer angeboten werden. Mietsteigerungen und wahrscheinlich Verdrängung wären die Folge. Deshalb soll auch hier das Vorkaufsrecht ausgeübt werden.

Procedere improvisiert

Allerdings hatte Baustadtrat Hans Panhoff (Bündnis 90/Grüne) in diesem Fall zumindest kurzfristig keine Möglichkeit. Die Sanierungsstelle sei bereits mit den laufenden Verfahren vollauf beschäftigt, machte er deutlich. Außerdem fehle noch immer eine tragfähige Struktur, auf die bei jedem neuen Vorkaufsprocedere zurückgegriffen werden könne. Vieles laufe noch immer eher improvisiert.

Zwar gebe es mit der Degewo und der Gewobag zwei Wohnungsbaugesellschaften, die bereit sind, bei solchen Käufen einzusteigen. Denn Friedrichshain-Kreuzberg fehlt dazu das Geld. Aber auch dort müsste jede Erwerbsoption einzeln vom Aufsichtsrat abgesegnet werden. Das koste ebenso Zeit wie das Ermitteln des Verkehrswerts. Und die sei meist knapp. Denn zwischen dem Anzeigen eines privaten Verkaufs und der Meldung des Bezirks, hier mit Hilfe Dritter einsteigen zu wollen, liege nur eine Spanne von zwei Monaten.

Einmal mehr plädierte Panhoff deshalb für das Einrichten eines Landesfonds, in dem Geld für schnelle Aktivitäten bereit liegen müsse.

Schon deshalb, weil die landeseigenen Unternehmen nur bei solchen Objekten zugreifen, bei denen sich der Preis durch die Mieteinnahmen amortisiert. Ansonsten wären auch sie gezwungen, die Miete vielleicht drastisch zu erhöhen, was aber gerade verhindert werden soll. Und schließlich ist selbst das Konstrukt mit den kommunalen Wohnungsbesorgern rechtlich möglicherweise fragwürdig. Auf jeden Fall gilt das für nichtstaatliche Gesellschaften, etwa die Genossenschaft Ostseeplatz. Sie war von den Mietern als Kaufinteressent ins Spiel gebracht worden, will aber ebenfalls keine fünf Millionen plus x bezahlen.

"Rings um uns sind nur noch Yuppies"

Wegen dieser und anderer Fragen sei beim Thema Vorkaufsrecht zunächst ein Moratorium bis ungefähr Oktober nötig sei, beendete Panhoff seinen Vortrag. Für die Wrangelstraße 21/21a gelte aktuell ohnehin noch nicht die höchste Alarmstufe. Denn bisher sei noch gar kein Verkauf beim Bezirk angezeigt worden.

Die Ausführungen stießen bei einigen Bezirksverordneten auf wenig Gegenliebe. "Der Stadtrat soll nicht erklären, was nicht geht, sondern überlegen, wie es geht", fand Lothar Jösting-Schüßler (Linke). Die SPD kündigte einen Antrag für die BVV am 20. Juli an, der in ähnliche Richtung gehen soll. Auch der Senat sei hier gefragt, konterte der Grüne Julian Schwarze.

Die Vertreter aus der Wrangelstraße waren ebenfalls nicht zufrieden: "Rings um uns herum sind nur noch Yuppies. Das ist nicht mehr unser Kreuzberg. Wir sind das letzte Haus, wo man die Mieten noch bezahlen kann", waren einige ihrer Aussagen.

Dabei geht es beim Vorkaufsrecht gar nicht um den Schutz einzelner Bewohner, sondern um das gesamtstädtische Interesse. Auch daran erinnerte Hans Panhoff. tf

"Wir bleiben alle". Protestbanner an den Häusern Wrangelstraße 21 und 21a. | Foto: Thomas Frey
Die Mieter in der Wrangelstraße 20/21 befürchten einen Eigentümerwechsel und damit einhergehend höhere Mieten. Das soll der Bezirk mit seinem Vorkaufsrecht verhindern. | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 1.540× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 2.219× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 1.846× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 2.227× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 3.125× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.