Happy End für Mietshaus
Genossenschaft will Oranienstraße 169 kaufen
Der drohende Verkauf der Oranienstraße 169 an einen Investor ist offenbar verhindert. Laut Bezirksamt will eine Genossenschaft die Immobilie kaufen. Um ihre Mieten niedrig zu halten, hatten die Mieter dem Bezirksamt den „präventiven Erwerb“ vorgeschlagen. Das Haus war seinerzeit auch mit Steuergeld saniert worden.
Seit Monaten versuchen Mieter und Bezirksamt, das Mietshaus Oranienstraße 69 mit mehr als 20 Wohnungen von einer Genossenschaft kaufen zu lassen. Nun steht man offenbar kurz vor dem Durchbruch. Laut Bezirksamt sind „exklusive Verhandlungen“ zwischen Eigentümervertretern und einer Genossenschaft zum „gemeinwohlorientierten Verkauf“ des Hauses „im Gange“. Ziel aller Beteiligten sei es, die niedrigen Mieten im Haus zu erhalten und die Hausgemeinschaft im Sinne der Genossenschaftsidee zu fördern, heißt es in einer Mitteilung des Bezirksamtes.
Die Mieter der Oranienstraße 169 hatten im Mai 2022 von dem geplanten Verkauf des Mietshauses an einen privaten Investor erfahren und sich hilfesuchend an das Bezirksamt und Wahlkreispolitiker gewandt. Denn in dem Szenekiez sind viele Beispiele der Verdrängung durch schnell steigende Mieten bekannt. Die Mieter schlugen dem Bezirksamt daher den „präventiven Erwerb“ des Hauses durch eine Genossenschaft vor.
Alle Vermittlungsversuche scheiterten aber zunächst. Das Bezirksamt bat daraufhin nach eigenen Angaben mehrere Genossenschaften, direkt mit den Eigentümern Kontakt aufzunehmen. Das ist im Fall einer Genossenschaft offenbar gelungen. „Nachdem das Vorkaufsrecht durch das Bundesverwaltungsgericht praktisch ausgesetzt wurde und nun die FDP eine Reform blockiert, bleiben das Bezirksamt, von Verdrängung bedrohte Mieter und Mieterinnen und erwerbsinteressierte Genossenschaften weiter handlungsfähig“, kommentiert Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). Die Beratungs- und Vermittlungsstelle AKS Gemeinwohl, angesiedelt beim Bezirksamt, und die Asum Mieterberatung GmbH sollen die Mieter laut Stadtrat beim „anstehenden Prozess“ begleiten. Wer die Genossenschaft ist und wie viel das Haus kosten soll, teilte das Bezirksamt nicht mit.
Nachbarschaftsinitiative
bleibt skeptisch
Die Nachbarschaftsinitiative „Bizim Kiez“, die die Proteste der Mieter gegen den Verkauf ihres Hauses unterstützt hatte, begrüßt die positive Wende. „Wir freuen uns über den überfälligen Sinneswandel der Eigentümergemeinschaft“, erklärt Philipp Vergin. „Wir hoffen allerdings, dass den Ankündigungen jetzt auch tatsächlich zeitnah Taten folgen, und die Eigentümer sich voll und ganz auf eine genossenschaftliche und gemeinwohlorientierte Lösung zu einem angemessenen Preis einlassen.“ Erklärtes Ziel müsse sein, die Oranienstraße 169 dem „spekulativen Markt dauerhaft“ zu entziehen und dort eine „wirkliche Mietergenossenschaft“ zu etablieren. „Dafür muss jegliche Möglichkeit für einen späteren spekulativen Verkauf des Hauses bereits in der Genossenschaftssatzung ausgeschlossen und die Selbstverwaltung durch die Mieter verankert werden“, so Vergin weiter. Die Skepsis begründet die Nachbarschaftsinitiative mit dem bisherigen Vorgehen der Eigentümerseite, die alles andere als kooperativ gewesen sei. „Man fragt sich, warum nicht gleich so? Und warum kommen Leute, die jahrelang selbst von einer öffentlichen Förderung profitierten, nicht selbst auf die Idee.“
Auch sei der Fall für die Mieter noch nicht abschließend gelöst. „Es gibt noch keine Klarheit darüber, mit welchen Konditionen in die Genossenschaft eingestiegen werden kann, und wer dann Mitspracherecht hat.“ Die Initiative fordert daher alle Beteiligten auf, möglichst schnell entsprechende Verträge vorzulegen. Sollte aber der Ankauf mit einer neuen Genossenschaft gelingen, könnte das ein Modell für einen regelmäßigen Ankauf sein. Der könne zwar das kommunale Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten nicht ersetzen, aber ein wirksames Mittel gegen die Spekulation in den Kiezen sein. Jüngstes Beispiel für einen Genossenschaftskauf mit Hilfe des Bezirksamtes ist das Mehrfamilienhaus Ohlauer Straße 36. Das kaufte vergangenes Jahr die Kreuzberger Genossenschaft Luisenstadt eG.
Brisant am Fall der Oranienstraße 169: Das Haus war seinerzeit mit Steuergeld saniert worden. So soll die Modernisierung und Instandhaltung mit rund 3,5 Millionen DM „für besondere wohnungspolitische Projekte“ gefördert worden sein. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine schriftliche Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger von Mitte September 2022 hervor. Die Immobilie hatte Anfang der 1990er Jahre eine Käufergruppe aus dem links-alternativen Milieu erworben und die öffentliche Förderung bekommen. Nun sollte das Haus samt heutigen Mietern gewinnbringend an einen privaten Investor weiterkauft werden.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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