Nach der Räumung des Oranienplatzes
Einen Zugang auf den Platz gab es aber erst einmal nicht. Ein Zaun und ein Absperrband halten Besucher davon ebenso ab, wie Polizisten und Security-Mitarbeiter.
Denn auch nach dem Auszug am 8. April hat sich die Lage noch nicht total beruhigt. Es gibt weiter einige Flüchtlinge, die den Auszug nicht akzeptieren. Eine Handvoll ist auf der Nordseite des Oranienplatzes in einen Hungerstreik getreten. Fünf Bewohner und Sympathisanten waren während der Räumung aus Protest auf eine Platane geklettert. Eine Frau, Napuli Langa aus dem Südsudan, blieb dort bis zum Abend des 12. April, ehe sie zur Aufgabe überredet werden konnte.
Es ist vor allem die sogenannte Unterstützerszene, die weiter Front gegen das Ende des Flüchtlingscamps macht. Sie war vor allem für die teilweise würdelosen Szenen am 8. April verantwortlich. Gegen 6 Uhr am Morgen begann ein Großteil der bisherigen Bewohner ihre Zelte und Hütten abzubauen. So wie es zuvor in den Gesprächen mit Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) vereinbart worden war. Gestört wurde der zunächst reibungslose Ablauf, als gegen 9 Uhr immer mehr Aktivisten erschienen und den Auszug verhindern wollten. Unterstützung bekamen sie von einer Minderheit der Flüchtlinge, etwa Ibrahim. "Die Abmachungen bringen uns überhaupt nichts", war der Mann aus Niger überzeugt.
Die Mehrheit sah das anders. Angeführt von Flüchtlingssprecher Bashir Zakariyar ließen sie sich auch durch Provokationen und Angriffen der Linksextremen nicht vom Zerstören ihrer bisherigen Behausungen abhalten. "Bashir, du Arschloch", "Ihr macht euch zum Büttel der Rassisten" bekamen sie dabei zu hören. "Wir wollen nicht mehr wie die Tiere leben", gab der Sprecher zurück.
Lange hatte die Polizei diese Scharmützel nur aus der Ferne beobachtet. Erst als sich am Nachmittag einige Aktivisten daran machten, den gerade aufgebauten Zaun wieder einzureißen, griffen Polizisten ein und räumten den Platz.
Die meisten Flüchtlinge hatten die Anlage zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen. Sie wurden seit dem frühen Morgen zu ihrer neuen Unterkunft, einem ehemaligen Hostel in der Gürtelstraße in Friedrichshain gebracht. Dort kamen im Laufe des Tages mehr als 140 Personen an. Erwartet worden waren dort zunächst nur 55. Geplant war eigentlich, die neuen Bewohner mit entsprechenden Identitätskarten auszustatten. Das hat aber höchstens in Ansätzen funktioniert. Wichtiger wurde dann, alle Menschen vom Oranienplatz wegzubringen, die sich dazu bereit erklärt hatten. 100 von ihnen konnten in der Gürtelstraße untergebracht werden. Die restlichen kamen nach Marienfelde.
Dort können sie jetzt so lange bleiben, bis über ihre Asyl- und Bleiberechtsanträge entschieden ist. Eine solche Einzelfallprüfung hatte ihnen Senatorin Kolat bei den Gesprächen versprochen. Allerdings ohne ihnen zuzusagen, dass für jeden ein späterer Aufenthalt garantiert ist.
Am Oranienplatz zurückgeblieben ist ein sogenannter Infopoint. Dort soll es auch in Zukunft Treffen geben und über die Flüchtlingspolitik diskutiert werden. Aber wohl erst dann, wenn eine erneute Besetzung weitgehend ausgeschlossen werden kann. Gleiches gilt für die vollständige Nutzung der Grünanlage.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.