"Man nennt uns schon das Adlon"
Johanniter servieren Obdachlosen jetzt die "Kiezmahlzeit"

Auf Spenden angewiesen: Dietrich Heuer (l.) und Ehrenamtskoordinator Grzegorz Wierciochin.  | Foto: Ulrike Kiefert
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  • Auf Spenden angewiesen: Dietrich Heuer (l.) und Ehrenamtskoordinator Grzegorz Wierciochin.
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Zwei Monate lief der Probebetrieb. „Mit Erfolg“, sagt Johanniter Dietrich Heuer. Deshalb gibt’s die „Kiezmahlzeit“ in der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule jetzt täglich für Obdachlose. Hinter dem Projekt steckt viel ehrenamtlicher Einsatz.

Der Hunger ist groß. „Fast alle essen zwei Portionen. Und manche nehmen was für ihre obdachlosen Freunde mit“, sagt Dietrich Heuer. Der Johanniter kennt das aus der Probezeit. Seit Anfang Mai servieren er und sein ehrenamtliches Helferteam Obdachlosen in der früheren Gerhart-Hauptmann-Schule jeden Abend ein warmes Essen. Das ist gut angekommen. Weshalb die Johanniter die „Kiezmahlzeit“ in der Ohlauer Straße 22 jetzt während des Sommers anbieten – sieben Tage in der Woche von 18 bis 20 Uhr.

Praktisch sieht das so aus: Um 16.30 Uhr kommt die Hausleitung und schließt die Schule auf. Eine halbe Stunde später ist Dienstbeginn für die Ehrenamtlichen: Aufgaben verteilen, den Speiseplan besprechen, die Tische aufstellen, alles desinfizieren und abschließend noch eine Runde durchs Haus drehen. Derweil warten draußen schon die ersten hungrigen Gäste. Vor der Essensausgabe müssen die Hände gewaschen und desinfiziert werden. Die Johanniter bringen dafür alles mit. Und sie achten darauf, dass in der Schlange der Mindestabstand eingehalten wird. Warten muss aber keiner lange. Es gibt keinen „Bodycheck“, und in eine Liste eintragen muss sich auch niemand. „Das würde auch nichts bringen“, sagt Heuer, der die „Kiezmahlzeit“ ehrenamtlich leitet. „Die Obdachlosen wollen anonym bleiben.“

50 Wohnungslose kommen im Schnitt täglich zum Essen. Die meisten Männer kennt Dietrich Heuer aus der Notübernachtung im Winter. Auch einige Frauen sind dabei. Nicht alle leben im Kiez. Einer kommt sogar aus Köpenick, weil es die gratis Mahlzeit in seinem Kiez nur draußen im Stehen gibt, erzählt Heuer. Hier, in der Gerhart-Hauptmann-Schule, findet er nicht nur einen trockenen Tischplatz, sondern kann sich auch waschen und ein kleines Lunchpaket schnüren. Obendrauf gibt’s freundliche Worte.

Organisiert wird das Essen aus Spenden. Ein Caterer, der sonst Schulen und Kitas versorgt, liefert die Lebensmittel. „Abends zaubern wir daraus Mahlzeiten“, sagt Heuer. Ein Foodsharer und ein Bioladen aus dem Kiez spenden Salat, Brot, Joghurt, frisches Obst und Gemüse. Als Nachschlag gibt’s Donuts aus der Donutmanufaktur. Ein bisschen was dazu kaufen müssen die Johanniter trotzdem. Kaffee, Milch, Zucker und Säfte zum Beispiel. Weil das Bezirksamt ihnen die Räume in der Schule bis auf die Betriebskosten aber kostenfrei vermietet, sei das machbar, sagt Björn Teuteberg, Regionalvorstand der Berliner Johanniter.

Die „Kiezmahlzeit“ soll es jetzt erst mal bis zum Herbst geben, bis die Kätehilfe wieder losgeht. „Wir hoffen aber, nächstes Jahr weitermachen zu können“, sagt Teuteberg. „Denn nach dem Ende der Kältehilfe-Saison haben viele obdachlose Menschen ihre festen Anlaufstellen und geschützten Räume verloren. Die Corona-Pandemie erschwert ihre Situation zusätzlich.“

In der Gerhart-Hauptmann-Schule organisieren die Johanniter seit zwei Wintern eine Notübernachtung für 100 Frauen und Männer. Auch in der Flüchtlingshilfe sind sie aktiv. Weshalb ehrenamtliche Helfer für die „Kiezmahlzeit“ relativ schnell gefunden waren. 140 stehen inzwischen im Dienstplan. Wie die anderen ist auch Dietrich Heuer mit viel Herz und Tat dabei. „Man nennt uns schon das Adlon.“ So viel Lob der Gäste geht runter wie Speiseöl. Na dann, Mahlzeit.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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