Rettung mit vielen Unbekannten: Die Baerwaldbad-Insolvenz und ihrer Auswirkungen für den Bezirk
Kreuzberg. Seit 27. April ist das Baerwaldbad vollständig geschlossen. Letzter Anlass dafür war eine erneute Überprüfung des Gesundheitsamtes, die Mängel an der Wasserqualität feststellte.
Das offizielle Aus ist aber nur noch eine Fußnote in der unendlichen Causa um das Bad an der Baerwaldstraße. Bereits seit der Insolvenz und den in den Tagen darauf aufgetretenen Schäden findet dort kein Schulschwimmen mehr statt. Und nicht nur deshalb muss sich das Bezirksamt mit den Lasten aus der Vergangenheit und einer möglichen Zukunft des Gebäudes beschäftigen.
Begonnen hat dieses aktuelle Kapitel, wie berichtet, Anfang Februar. Damals waren die Brüder Dietmar und Guido Kersten zu neuen Vorständen des Betreibervereins TSB Berlin gewählt worden. Nach eigenen Angaben hätten sie erst danach einen umfassenden Einblick in die Bücher nehmen können. Dabei sei ihnen das Ausmaß der Zahlungsschwierigkeiten klar geworden. Es blieb nur der Insolvenzantrag.
Die Kerstens sind inzwischen von ihren Vorstandsposten wieder zurückgetreten. Ein Insolvenzverfahren ist bisher nicht eingeleitet und damit auch kein Insolvenzverwalter bestimmt worden. Wie zu hören war, fehlen dem Amtsgericht dafür noch weitere Unterlagen.
Parallel dazu gaben nicht nur Dachziegel, die nach einem Sturm auf die Straße flogen, einen Eindruck davon, wie es um die Substanz des Gebäudes bestellt ist. Bürgermeisterin Monika Herrmann schätzt die Sanierungskosten auf 20 bis 26 Millionen Euro. Andere Prognosen gehen ebenfalls von einer mindestens zweistelligen Millionensumme aus.
Der TSB hatte das Bad 2003 übernommen, nachdem es die Berliner Bäder Betriebe damals vom Netz nehmen wollten. 2011 ging auch das Gebäude per Erbbaupachtvertrag an ihn. Dass die Finanzierung des laufenden Betriebs eher auf Kante genäht war, konnte sehr schnell vermutet werden. Für bauliche Unterhaltung und erst recht Sanierungen blieb kaum Geld.
Für Kurzzeit-Vorstand Dietmar Kersten war es vor allem die eineinhalbjährige vom Gesundheitsamt verfügte Schließung zwischen Frühjahr 2015 und Ende 2016, die dem Verein finanziell das Genick gebrochen hatte. Dem widerspricht Bürgermeisterin Herrmann und kann sich durch die riesige Altlast bestätigt fühlen. Während des ausgesetzten Betriebs hätte vielmehr die Möglichkeit bestanden, einmal eine detaillierte Bestandsaufnahme vorzunehmen.
Die gibt es jetzt und sie birgt mehrere Unwägbarkeiten. Die erste: Wer ist eigentlich aktuell für das Bad verantwortlich? Bisher noch immer der Verein, wird im Bezirk klargemacht. Friedrichshain-Kreuzberg will verhindern, dass ein sogenannter "Heimfall" eintritt, sprich die Rückübertragung des Erbbaugebäudes, denn der würde eine direkte Verantwortung bedeuten.
Die nächste Frage lautet: Wie sieht es mit der Sanierung aus und wer finanziert sie? Schon lange geplant war eigentlich, dass umfangreiche Arbeiten in dem Bad stattfinden sollen, bezahlt etwa aus Mitteln des städtebaulichen Denkmalschutzes. Um dieses Geld zu bekommen, gilt es aber drittens zu klären, was aus dem Gebäude wird.
Der Bezirkssportbund verlangt in einer Resolution die Rettung des Baerwaldbades. "Es muss weiter eine Sportnutzung geben, was hier konkret natürlich Schwimmen bedeutet", macht auch Sportstadtrat Andy Hehmke (SPD) deutlich. Ähnlich klingt das bei der Bürgermeisterin. Die einfachste Lösung wäre, wenn die Berliner Bäder Betriebe das Gebäude wieder übernehmen würden. Allerdings scheinen die, gelinde gesagt, darauf eher reserviert zu reagieren.
Aber auch auf der Grundlage eines Public-Private-Partnership könnte das Bad betrieben werden, zum Beispiel als Sportstätte mit Schwimmen und weiteren Angeboten. Vorausgesetzt, dass der Zugang für Schulen oder Vereine gesichert bleibt. Im besten Fall übernähme ein Interessent auch die Sanierung. Aber erst einmal müsste es einen geben. Und egal, wie eine mögliche Rettung aussehen könnte, sie benötigt einige Zeit.
Anhand dieser Zukunftsfragen erscheinen manche aktuellen Schwierigkeiten eher marginal, auch wenn sie für Ärger sorgen. Wegen der Insolvenz erhält der Bezirk keine Erbbauzinsen mehr. Schulklassen müssen jetzt in andere Bäder gefahren werden. Die Kosten dafür belasten den Haushalt. Ein anderes Problem konnte dagegen inzwischen gelöst werden. Bisher wärmte die Heizung des Baerwaldbades auch den Hortbereich der angrenzenden Bürgermeister-Herz-Grundschule. Was befürchten ließ, dass die Kinder im Kalten sitzen, wenn das Gebäude geschlossen ist. Diese Gefahr ist gebannt. Der gemeinsame Versorgung von Bad und Hort wurde gekappt. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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