„Männer geben lieber Männern Geld“
Erfolgreiche Unternehmerin Milena Glimbovski betreibt Berlins ersten verpackungsfreien Supermarkt

Milena Glimbovski hat im Jahre 2014 Berlins ersten Supermarkt „Original Unverpackt“ eröffnet. | Foto: Laura Hoffmann
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Milena Glimbovski gilt als Pionierin der Zero Waste-Bewegung in Deutschland. In der Wiener Straße hat die Unternehmerin 2014 Berlins ersten Supermarkt „Original Unverpackt“ eröffnet, der ohne Verpackungsmüll auskommt. Mittlerweile gibt es über 200 Läden in Deutschland, die das Null-Müll-Konzept kopieren.

Große Gläser und Schüsseln, aus denen die Kunden sich ihre Lebensmittel abfüllen. Tahin zum Beispiel, ein Sesammus, den man zapft. Nudeln, Trockenfrüchte, Tees, Gewürze und über 1000 weitere Bioprodukte und Naturkosmetik gibt es im „Original Unverpackt“-Laden. Flüssigprodukte wie Joghurt oder Hafermilch werden in Pfandgläsern verkauft. Und auch die meisten Produkte vom Großhandel bekommt der Unverpackt-Markt komplett in einer Null-Müll-Lieferkette. Kaffee zum Bespiel wird in großen Edelstahl-Pfandbehältern geliefert.

Im „Original Unverpackt“-Laden in der Wiener Straße gibt es das meiste zum Selbstzapfen.  | Foto: Laura Hoffmann
  • Im „Original Unverpackt“-Laden in der Wiener Straße gibt es das meiste zum Selbstzapfen.
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Der Kreuzberger Lebensmittelladen ist nicht nur ein El Dorado für Ökos, sondern auch ein schickes Motiv für bunte Instagram-Posts. Die 30-jährige Milena Glimbovski hat mit ihrem Ladenkonzept eine ganze Bewegung losgetreten. „Ich war schon immer ein kleiner Hippie“, sagt sie und meint damit, dass sie ökologisch lebt und sie dieser ganze Verpackungswahnsinn schon immer aufgeregt hat. Die in Sibirien geborene Umweltaktivistin ist auch Autorin und hält Vorträge über Nachhaltigkeit und Trends im Einzelhandel, Müllvermeidung und Existenzgründung. Knapp 900 Mal wurde ihr Onlinekurs auf der ganzen Welt gekauft; viele Mitstreiter haben das Konzept kopiert. Mittlerweile gibt es allein in Deutschland über 200 Unverpackt-Läden.

Als „Pionierinnen“ mussten die Gründer „alles neu erfinden und nach Lösungen suchen, die es damals noch nicht gab“, so Glimbovski. Die Großhändler mussten dazu gebracht werden, Waren so wenig wie möglich verpackt zu liefern. Heute floriert das Geschäft. Die junge Chefin, 2018 vom Senat zur Unternehmerin des Jahres gekürt, hat 27 Mitarbeiter, bis auf vier alles Frauen. Die komplette Führungsetage ist weiblich.

Corona hat auch den Null-Müll-Aktivisten zugesetzt und anfangs zu Umsatzeinbrüchen geführt. Doch als Lebensmittelladen musste das Geschäft nicht schließen. Neben dem Onlineshop gibt es für Berliner seit Corona auch einen Lieferservice per Lastenfahrrad oder Elektroauto. Dafür hat die Mutter eines zweijährigen Sohnes in Neukölln Räume für ein Lager angemietet.

Nur jeder sechster Gründer ist eine Frau

Dass Frauen so erfolgreich durchstarten, ist nicht selbstverständlich. Nur jeder sechste Gründer ist eine Frau. Dafür gibt es viele Gründe in einer immer noch von Männern dominierten Welt. „Frauen sind so sozialisiert, dass sie ängstlicher sind“, sagt Glimbovski. Frauen müssten härter arbeiten, um vollgenommen zu werden. Sie selbst hat sich zum Beispiel bei Kreditverhandlungen „immer mit Anzug, Jackett und Bluse verkleidet, um seriöser zu wirken“, so die Chefin. Auch in den Investmentfirmen, die Start-ups finanzieren, würden meistens Männer sitzen, die weibliche Geschäftsideen nicht verstehen und darin keinen Markt sehen, nennt Milena Glimbovski ein strukturelles Problem. Bekannte von ihr seien abgeblitzt, die ein naturkosmetisches Produkt für Frauen mit Babys auf den Markt bringen wollten. „Männer geben am liebsten anderen Männern das Geld“, sagt die Unternehmerin. „Deshalb brauchen wir mehr Frauen in solchen Positionen“.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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