Neuer alter Karstadt
Kaufhaus soll umgebaut werden und seine ursprüngliche Fassade bekommen

Ein Modell des einstigen Karstadt-Komplexes ist im heutigen Haus in der vierten Etage aufgestellt. | Foto: Thomas Frey
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  • Ein Modell des einstigen Karstadt-Komplexes ist im heutigen Haus in der vierten Etage aufgestellt.
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Die Pläne sind in einem sehr frühen Stadium. Es gibt auch noch keinen Bauantrag. Aber sie beschäftigen bereits die Phantasie: Das Karstadt-Kaufhaus am Hermannplatz soll um rund ein Drittel seiner Fläche erweitert werden und seine ursprüngliche Fassade aus den 1920er-Jahren wieder bekommen.

Das einstige Gebäude als markant zu bezeichnen, wäre noch untertrieben. Die Hülle im Art-déco-Stil stand für das moderne Berlin der Weimarer Republik. Zwei Türme ragten 71 Meter in die Höhe. Auf ihnen befanden sich blaue Lichtsäulen. Der Komplex war nicht nur deshalb mehr als nur ein Einkaufszentrum. Daran scheint der heutige Eigentümer, der österreichische Signa-Konzern, wieder anknüpfen zu wollen.

Größtes Kaufhaus Europas

Gebaut wurde Karstadt am Hermannplatz in nur 16 Monaten zwischen 1927 und 1929. Das Gebäude galt damals als größtes Kaufhaus Europas. Die Verkaufsfläche erstreckte sich über neun Etagen, zwei davon unterirdisch. Zum Komplex gehörten außerdem ein Schwimmbad, eine Sporthalle, mehrere Restaurants sowie die 4000 Quadratmeter große Dachterrasse. Gerade sie wurde zur Attraktion. Auch Kulturprogramme wie Livemusik waren fester Bestandteil. 24 Rolltreppen und mehr als ein Dutzend Lastenaufzüge sind dort einst gezählt worden.

Besonders war außerdem die direkte Verbindung von der U-Bahnstation Hermannplatz ins Haus, die es bis heute gibt. Was den Konkurrenten Wertheim nicht ruhen ließ. Er wollte einen ähnlich niederschwelligen Zugang zu seinem damaligen Kaufhaus am Moritzplatz und bekam ihn, angeblich nach einer Zahlung von fünf Millionen Mark. Im Gegenzug wurde die eigentlich geplante Trasse der heutigen U-Bahnlinie 8 zwischen Heinrich-Heine-Straße (damals Neanderstraße) und Kottbusser Tor verändert. Statt über den Oranienplatz führte sie jetzt über den Moritzplatz. Ein vor vier Jahren dichtgemachter Bahnhofsrohbau unter der Dresdner Straße zeugte von dieser Begebenheit.

Stil war nicht mehr wichtig

Die Bombenangriffe im zweiten Weltkrieg hatte Karstadt am Hermannplatz weitgehend unbeschadet überstanden. Aber nicht die Kämpfe in Berlin im Frühjahr 1945. Nach zeitgenössischen Berichten sprengte die SS das Gebäude Ende April 1945, um den Zugriff der einrückenden sowjetischen Truppen auf die Lebensmittelvorräte im Haus zu verhindern. Dabei wurde das riesige Carré weitgehend zerstört.

Auf dem Grundstück entstand erneut ein Warenhaus. Aber nicht nur kleiner, sondern, ganz im Stil der Nachkriegsepoche, funktional und mit wenig Interesse für Ästhetik. Das einstige Vorzeigeprojekt wurde zu einer x-beliebigen Karstadt-Filiale, mehrere Umbauten eingeschlossen. Aktuell verteilt sich die Verkaufsfläche auf vier Etagen. Sie ist immer noch ein wichtiger Anziehungspunkt für Kundschaft aus der Umgebung.

Übrigens: Der Hermannplatz gehört zwar bereits zu Neukölln. Das Karstadt-Grundstück befindet sich aber noch auf Kreuzberger Gebiet.

Die Zukunft

Signa gehört nicht nur Karstadt, sondern seit Ende 2018 auch der einstige Mitbewerber Kaufhof. Das Unternehmen bestätigte die Umbaupläne und nannte auch einige Details. Demnach ist eine Erweiterung des Bruttogeschossvolumens auf ungefähr 126 000 Quadratmeter vorgesehen. Der neue alte Karstadt soll neben mehr Verkaufsflächen, etwa angereichert durch eine Markthalle, Büros oder ein Hotel beherbergen. Ebenfalls Teil der Planungen ist eine großzügige Dachterrasse.

Auch das klingt wie ein Anknüpfen an die ursprüngliche multifunktionale Nutzung und bedeutet gleichzeitig eine riesige Investition. Soweit er sich bisher ein Bild machen konnte, handle es sich in der Konsequenz um einen weitgehenden Abriss und anschießenden Neubau, meinte Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne). Egal welche Form das Vorhaben annehmen soll, es wird die Stadtplanungspolitik im Bezirk sicher eingehend beschäftigen. Dort wurde bereits gewitzelt, ob die Signa-Verantwortlichen zu ihrer Renaissance am Hermannplatz durch den Fernseh-Mehrteiler "Babylon Berlin" inspiriert worden seien. Am Anfang der Serie, die 1929 spielt, war das kurz vor der Eröffnung stehende Kaufhaus ein wichtiger Ort. Das Zurückbeamen an den damaligen Schauplatz erfolgte weitgehend per Animation aus dem Studio Babelsberg.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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