„Öffentlichkeit herstellen“: Auseinandersetzungen um den Privatclub
Eigentlich ist der Bestand des Privatclubs für die kommenden mehr als vier Jahre gesichert. Aber selbst wenn das weiter gilt, befindet sich sein Konzertlokal derzeit in einer Auseinandersetzung mit ungewisser Zukunft.
Das machte Betreiber Norbert Jackschenties bei einem Pressetermin am 22. Januar gleich mehrfach deutlich. Unterstützung erhielt er dabei von der Clubcommission und dem Musicboard Berlin. Denn für die sind seine Probleme nur ein weiteres Beispiel für den Abwehrkampf und die Verdrängung solcher Veranstaltungslocations in der Stadt.
Der Privatclub befindet sich seit 2012 in einem Teil des ehemaligen Postgebäudes an der Skalitzer Straße. Damals habe die Immobilie einem italienischen Investor gehört, erzählt Jackschenties. Der habe seine Idee eines intimen Auftrittsorts gerade für unbekannte Bands gut gefunden. Elf Euro pro Quadratmeter bezahlt er bisher. Allerdings hätte er Investitionen selbst tätigen müssen. "Die Kredite zahle ich bis heute ab."
Aber so weit war bis vor kurzem alles schick. Bis das Gebäude 2017 einen neuen Besitzer bekam. Bei ihm handelt es sich um eine Luxemburger Gesellschaft, hinter der Marc Samwer steht. Zusammen mit seinen beiden Brüdern ist er als erfolgreicher Startup-Investor bekannt geworden. Samwer, oder wer auch immer für ihn agiere, hätte es seither darauf angelegt, ihn aus dem Haus zu vertreiben, sagt Jackschenties. Er habe es zwar noch rechtzeitig geschafft, seine Option für weitere fünf Jahre zu ziehen. Gleichzeitig werde er aber von Seiten des Eigentümers beziehungsweise dessen Anwälten oder Beauftragten auf verschiedenen Ebenen in die Zange genommen.
Zunächst beim Mietpreis. Nach eigenen Angaben soll Norbert Jackschenties künftig 22 statt elf Euro pro Quadratmeter bezahlen. Für ihn wäre das nicht zu stemmen. 15 Euro habe er als maximale Möglichkeit angeboten, was aber abgelehnt worden sei.
Zwei Drittel seiner Konzerte fänden ein eher geringes oder überschaubares Interesse, weil die Musiker noch kaum jemand kenne. Finanzieren müsse sich der Club aus dem restlichen Drittel, das für entsprechende Nachfrage sorgte. Wobei Jackschenties vermutet, dass die Mietsteigerung um 100 Prozent nur dazu dienen soll, ihn loszuwerden. Wie, so sagt er, bereits die meisten bisherigen Nutzer.
Startups klagen über Lärm
An ihrer Stelle ziehen Startups ein, auch in der Etage über dem Privatclub. Die hätten sich bereits nach einem Tag über den Lärm in seinem Laden beschwert. Finden dort abends Konzerte statt, gibt es am Nachmittag einen Soundcheck. Häufig gastieren dort an mehreren Wochentagen Bands.
Das wäre den jungen Kreativen aber anscheinend nicht so vermittelt worden, sagt Norbert Jackschenties. Vielmehr habe man denen erzählt, Auftritte gebe es nur zwei Mal wöchentlich. Dafür gebe es in seinem Mietvertrag aber keinen Anhaltspunkt, beteuert der Betreiber. Der Eigentümer sieht das anscheinend etwas anders. Der Lärmstreit ist deshalb zu einem weiteren Kampffeld in den Auseinandersetzungen geworden. Kurz vor Weihnachten wurde der Privatclub abgemahnt und mit Kündigung sowie Forderung von Schadensersatzansprüchen gedroht. Das ebenfalls, so vermutet Jackschenties, mit dem Ziel, ihn weichzuklopfen. Denn natürlich gingen ihm die ständigen Briefe mit Aufforderungen und Drohungen an die Nerven.
Demgegenüber kann er zumindest auf einige Unterstützer zählen. Die beiden Senatoren Ramona Pop (Bündnis 90/Grüne, Wirtschaft) und Klaus Lederer (Linke, Kultur) haben sich inzwischen mit einem Brief an Samwer gewandt und ihn um ein Gespräch gebeten, Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Grüne) hat einen Runden Tisch angeregt. Dazu kommt der Einsatz von Clubcommission und Musicboard. Auch die Einladung am 22. Januar sollte vor allem dazu dienen, weitere "Öffentlichkeit herzustellen".
Für die Club- und Konzert-Lobbyisten steht der Privatclub als ein weiteres Beispiel für die Probleme vieler Anbieter in diesem Bereich. Sie sind mit Lärmklagen oder exorbitant hohe Mieten konfrontiert und werden nicht selten durch Nichtverlängerung ihrer Verträge verdrängt. Ausweichmöglichkeiten gebe es kaum noch. Dabei stehe die Clubkultur für eines der wichtigsten Aushängeschilder von Berlin. Nötig sei deshalb der Dialog aller Beteiligter. Wobei gerade der Schulterschluss mit der Startup-Branche gesucht werden soll. Denn bei vielen Fragen sitze man im selben Boot.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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