Thermoskanne, Knirps und die Elektrische
Seit 1877 registriert das Patentamt in Berlin Erfindungen, Marken und Designs
Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) prüft seit 145 Jahren Erfindungen, erteilt Patente, registriert Marken und Designs. Das größte nationale Patent- und Markenamt in Europa wurde 1877 als Kaiserliches Patentamt in Berlin gegründet. In dem repräsentativen Gebäude, Gitschiner Straße 97, sitzt heute auch das Europäische Patentamt (EPA).
Die erste elektrische Straßenbahn von Werner von Siemens (1880), die Thermoskanne von Reinhold Burger (1903), Otto Lilienthals Gleitflugzeug (1893), der als Knirps bekannte faltbare Taschenschirm von Hans Haupt (1930) und der erste frei programmierbare Computer von Konrad Zuse (1936) – das sind nur einige von Zigtausenden Berliner Erfindungen. In den historischen Archiven am Landwehrkanal lagern noch heute die Patent- und Gebrauchsmusterrollen aus der Kaiserzeit und danach. Vor allem Firmen recherchieren im historischen Patentregister. Auch Nachfahren der Erfinder kämen manchmal vorbei, um sich zum Beispiel über die Patente vom Großvater zu informieren, wie Katjana Wemken sagt. Ihr Rechercheteam holt die schweren Bände aus dem Patentregister und stellt sie zum Stöbern im Auslegesaal bereit.
Unikate und Modelle
Im Gründungshaus in der Gitschiner Straße 97 arbeiten schon lange keine Prüfer mehr, die in Laboren und Werkstätten die Unikate und Modelle der Erfinder testen. Das Kaiserliche Patentamt mit der imposanten Auslegehalle, dem Schreibmaschinensaal, den Laboren, Prüferzimmern und der Bibliothek wurde im Krieg stark zerstört. Heute arbeiten dort nur noch etwa 50 Mitarbeiter. Vor allem Veranstaltungen des DPMA finden dort statt; geprüft werden Schutzrechte in Berlin nicht mehr. „Berlin ist die Schaltstelle für Kooperationen mit regionalen Partnern wie Verbänden, Unternehmen oder Forschungsinstituten“, sagt DPMA-Sprecher Til Huber.
Die Mitarbeiter bieten auch regelmäßig zum Tag des offenen Denkmals Führungen durch das Kaiserliche Patentamt an. Ein historisches Prüferzimmer wurde als Museum erhalten. Dort liegt die erste Patentrolle mit dem ersten deutschen Patent vom 2. Juli 1877: Erfinder Johann Zeltner von der Nürnberger Ultramarin-Fabrik hat sich erfolgreich sein „Verfahren zur Herstellung einer rothen Ultramarinfarbe“ patentieren lassen.
Das Kaiserliche Patentamt, das in der Weimarer Republik ab 1919 „Reichspatentamt“ hieß, schloss 1945 nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg seine Pforten, um 1949 als „Deutsches Patentamt“ in München neu gegründet zu werden. Das Deutsche Patentamt zog 1959 in ein neu errichtetes Dienstgebäude in München. Nach der Wiedervereinigung wurde die DDR-Behörde „Amt für Erfindungs- und Patentwesen (AFEP)“ integriert und in Jena 1998 eine dritte Dienststelle eröffnet. Seitdem heißt die Bundesbehörde des Bundesjustizministeriums „Deutsches Patent- und Markenamt“.
Ausschließlich digital
Die Schutzrechtsanträge kommen schon lange ausschließlich digital zu den über 2800 Mitarbeitern, die in München und Jena alle Erfindungen prüfen, Patente erteilen sowie Marken, Gebrauchsmuster und Designs registrieren. 95 Prozent aller Anmeldungen werden von Firmen und Forschungsinstituten eingereicht. „Die Spitzenreiter in Sachen Patentanmeldungen kommen seit Jahren aus Süddeutschland“, so Huber. Topanmelder 2021 waren die Robert Bosch GmbH, die Bayerischen Motoren Werke AG und Schaeffler Technologies. Deutsche Großanmelder kommen meist aus der Automobilindustrie und dem Maschinenbau.
Die Schwerpunkte der Patentanmeldungen sind Transport, elektrische Maschinen und Geräte, elektrische Energie und Messtechnik. Erst an sechster Stelle folgt Computertechnik. 2021 sind beim DPMA 43 155 Anträge auf Patentprüfung eingegangen. Aus Berlin werden jährlich Tausende Kreationen und Innovationen eingereicht. 2021 wurden pro 100 000 Einwohner 525 Patente (bundesweit Platz acht), 6014 Marken (Platz sechs) und 1875 Designs (Platz vier) angemeldet.
Die Erfindungen liegen natürlich auch in neuen Bereichen wie die neuartigen mRNA-Impfstoffe oder der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zum Beispiel in Fahrzeugen. Die Bereiche Software und KI sind für das Patentwesen wichtige Innovationsfelder. „Dabei ist zu beachten, dass Software an sich nicht patentierbar ist“, sagt Til Huber. Das Patentgesetz schließt Programme für Datenverarbeitungsanlagen „als solche“ explizit vom Patentschutz aus. Auf die immer zahlreicheren computerimplementierten Erfindungen sei das deutsche Patentverfahren aber inzwischen aufgrund einschlägiger BGH-Rechtsprechung gut eingestellt. „Wird ein technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst, so betrachten wir auch die darauf bezogene Software regelmäßig als patentfähig“, so Huber.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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