Die Zukunft der "Stasi-Stadt": Idee vom "Campus der Demokratie" schafft Uneinigkeit

Der "Campus der Demokratie" wird nicht mehr nur auf lokaler, sondern auch auf Bundesebene besprochen. | Foto: Wrobel
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Lichtenberg. Das einstige Ministerium für Staatssicherheit an der Normannenstraße könnte ein einzigartiger Bildungs- und Forschungsort sein. Doch welches Konzept umgesetzt werden soll, ist umstritten.

Einst als "Stasi-Stadt" von den Anwohnern gemieden, bleibt das Areal des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit ein Ort, der an die SED-Diktatur erinnert. Hier gibt es das Stasi-Museum und den Sitz des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU). Im Sommer 2016 kommt die Open-Air-Ausstellung "Friedliche Revolution 1989/1990" hinzu. Doch vom Anspruch, ein Ort der gesellschaftlichen Aufklärung zu sein, ist das Areal aber noch weit entfernt. "Die historische Kraft dieses Ortes könnte mehr genutzt werden", findet nämlich Roland Jahn. Seit Jahren engagiert sich der Chef der Stasi-Unterlagenbehörde für einen umfassenden "Lern- und Erinnerungsort" – und gab der Idee einen Namen: "Campus der Demokratie". So könnten die bestehenden Einrichtungen auf dem Gelände mit einem Forschungszentrum, einer Bibliothek und einem Informationszentrum ergänzt werden.

Doch die Politik fasst das Thema nur mit Fingerspitzen an. Jahns Pläne vom Campus stießen bei der SPD im Bundestag nicht auf Wohlwollen. Bis heute sind sich die Parteien selbst über den Namen "Campus der Demokratie" uneinig. Seit Juni 2014 gibt es auf Bundebene eine Kommission, die über die Zukunft des Geländes entscheidet. Voraussichtlich im März 2016 wird dazu eine Empfehlung veröffentlicht, wie das Areal künftig für die Aufarbeitung der SED-Diktatur genutzt werden kann.

Viele Überlegungen

Über die Zukunft des "Campus" machten sich aber auch Roland Jahn und der ehemalige Bundestagabgeordnete (Bündnis 90/ Die Grünen) Wolfgang Wieland im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung am 8. Dezember Gedanken. Mit dabei war der Landesabgeordneter Danny Freymark (CDU), Geschäftsführerin der "Stattbau Berlin" Constance Cremer und Tom Sello von der Robert-Havemann-Gesellschaft, die sich dazu im Bezirk trafen.

"Es ist nicht einfach, ein einheitliches Konzept für das Areal zu entwickeln", weiß Constance Cremer. Mehr als die Hälfte der Flächen liegen in privater Hand, den Rest teilen sich Bund und Land, was die Entwicklung nicht einfacher macht, erklärt sie. Denn es gibt Uneinigkeit, wer die Entwicklung finanziell tragen wird. "Wichtig ist es, einen gemeinsamen öffentlichen Raum zu schaffen. Bis heute meiden viele Anwohner das Areal aus Gewohnheit, ein zukunftsfähiges Konzept sollte auch überregional Besucher anziehen", fügt sie an.

Auch der ehemalige Politiker Wolfgang Wieland sieht die Notwendigkeit, die einstige "Stasi-Stadt" zu einem solchen Anziehungspunkt zu entwickeln. Noch gibt es keine Einigkeit, wie die politische Deutung für die Nutzung des historischen Ortes ausgelegt wird. Deshalb herrschen in der Expertenkommission des Bundestages selbst über den Namen ganz verschiedene Ansichten, ergänzt Wieland. Denn der von Roland Jahn ins Spiel gebrachte Name "Campus der Demokratie" ist in der Kommission längst vom Tisch. Die Vertreter der Parteien gerieten schon darüber in Streit, ob es "Campus der Demokratie" oder nicht doch "Campus für Demokratie" lauten sollte. "Der Arbeitstitel der Kommission lautet erst einmal 'Gedenkort der Diktatur und des Widerstands'."

Eine weitere Idee der Komission: Die künftige Nutzung des Geländes soll eine Stiftung übernehmen. "Die Stiftung als Träger des Ortes würde als Dach für die Institutionen fungieren", erklärt Wieland weiter. Nicht zuletzt debattiert die Expertenkommission darüber, die Akten-Verwaltung der Behörde für Stasiunterlagen unter das Dach des Bundesarchivs zu geben. Das würde die Umwandlung der dort befindlichen Behörde und des Archivs bedeuten. Wieland: "Dann müssen wir klären, was mit dem Aktenbestand auf lange Sicht passiert." KW

Autor:

Karolina Wrobel aus Lichtenberg

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