Jugendklubs sind außerschulische und systemrelevante Bildungsorte
SozDia-„Jugendklub Linse“ freut sich über mehr Normalität
Im Zuge des zweiten Lockdowns 2020 wurden in Berlin Jugendklubs als systemrelevante Bildungsorte anerkannt. Einer dieser außerschulischen Bildungsorte – der Lichtenberger Jugendklub Linse – steht nach vier Jahrzehnten bewegter Vergangenheit vor einer ungewissen Zukunft. In der Einrichtung an der Parkaue fand kürzlich unter dem Motto „Kiez global“ der „Global Justice Kiez Day“ statt, bei dem Bezirksbürgermeister Michael Grunst die Arbeit der Linse würdigte und Mut zum Weitermachen zusprach.
Jugendliche zählen zu den größten Verlierern der Corona-Krise. Das gilt insbesondere, wenn sie aus benachteiligten Verhältnissen stammen. Die ohnehin zu rar gesäten Orte für Heranwachsende, die ihnen Raum zur Selbstwirksamkeit bieten, wie der Lichtenberger Jugendklub Linse, mussten ihr Angebot pandemiebedingt stark einschränken. Zwar schuf man bei der von der SozDia Stiftung Berlin betriebenen Einrichtung rasch Online-Angebote, organisierte Lerngruppen, Kreativangebote und sogar Live-Acts per Stream. Trotzdem ist Einrichtungsleiter Michael Junkert froh, dass nun wieder etwas Normalität einzukehren scheint und sogar Veranstaltungen wie vor zwei Wochen der „Global Justice Kiez Day“ auf dem Gelände der Linse stattfinden können: „Das war vor allem für die Jugendlichen toll. Wir hatten das Event im Rahmen der Hygienebestimmungen als Pilotprojekt mit maximal 150 Besucher*innen konzipiert. 130 Personen waren schließlich vor Ort. Die Stimmung war absolut großartig.“
Die Veranstaltung mit musikalischem Bühnenprogramm, Graffitiworkshop und Kiezspaziergang, bei der sich auch Initiativen wie der Solidaritätsdienst International e.V. (SODI), die Kampagne #SporthandeltFair, das Lichtenberger Unternehmen Ökotopia, der Verein Southern Networks for Environment and Development e.V. (SONED) und die Initiative Perspektivwechsel e.V. präsentierten, war zugleich Auftakt einer Kooperation von SozDia-Einrichtungen der Jugendarbeit mit dem Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag e.V. (BER). Seit 25 Jahren setzt sich der Verein – wie auch die Stiftung – für Nachhaltigkeit, interkulturelle Verständigung und Demokratieförderung ein.
Für die Linse war und ist die Zeit der Pandemie hart. Aber Michael Junkert ficht das nicht an. „Wir sind es gewohnt, vor Herausforderungen gestellt zu werden und haben diese immer gemeistert“, sagt der 31-jährige Kulturmanager und angehende Sozialarbeiter.
So war der Jugendklub mit Schwerpunkt Kulturarbeit, der im vergangenen Jahr seinen 40-sten Geburtstag feierte, wegen baulicher Mängel und konzeptioneller Diskrepanzen mit dem früheren Träger bereits zweimal akut von einer Schließung bedroht. Auch aktuell ist der Standort durch die geplante Aufwertung des Kulturstandortes Parkaue und die damit verbundenen Baumaßnahmen gefährdet, da große Teile des Geländes über lange Zeit nicht betretbar sein werden.
Michael Junkert zeigt sich trotzdem hochmotiviert, die Jugendlichen weiterhin dabei zu begleiten, sich eine eigene Meinung zu bilden, für ihre Anliegen einzustehen und sie dabei zu unterstützen, ein Verständnis von Demokratie zu entwickeln und so zu selbstbestimmten und selbstwirksamen Mitgliedern der Gesellschaft heranzuwachsen. Um ihnen auch künftig Raum für Teilhabe, Mitgestaltung und zur Umsetzung ihrer Ideen geben zu können, will er mit Unterstützung der Trägerin die anstehenden Herausforderungen meistern und Hindernisse aus dem Weg räumen.
Mut machte Bezirksbürgermeister Michael Grunst, der beim „Global Justice Kiez Day“ über Entwicklungspolitik und Jugendarbeit in Lichtenberg sprach. Er würdigte die vor Ort geleistete Arbeit, welche eine Lücke im Bildungssystem schließe. Und er bestärkte die Linse darin, sich treu zu bleiben und weiterzumachen wie bisher. So habe er selbst seine Jugend in der Linse verbracht und die dort stattfindenden politischen Auseinandersetzungen erlebt, was ihn schließlich sogar dazu bewegte, selbst als Politiker tätig zu werden. Ein besseres Beispiel für gelebte Demokratieförderung könne es kaum geben.
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