Chor "Khaloymes" singt über Liebe, Trauer, Glück und Schmerz auf Jiddisch
Lichtenberg. Es ist eine nicht alltägliche Chorgründung: Die Sänger vom "Khaloymes"-Chor lassen mit jiddischen Liedern die traditionsreiche jüdische Kultur im Bezirk aufleben.
Olaf Ruhl zögerte, als er mit der Idee für einen jiddischen Chor konfrontiert wurde. "Ich habe nicht daran geglaubt, dass sich viele Sänger fänden. Und eigentlich bin ich ja auch gar kein Chorleiter", sagt er. Früher, da war es für den Musiker und evangelischen Theologen ein Hobby, mit Gitarre oder Akkordeon im Weitlingkiez jiddische Lieder zu singen. Doch mittlerweile ist das Hobby gewachsen. Er ist als Solist in ganz Deutschland gefragt. Auch in Lichtenberg ist Olaf Ruhl ein bekannter Musiker.
Bei einem seiner Auftritte im Kiez wurde er von einem aufmerksamen Zuhörer angesprochen. Es war der Rechtsanwalt Christoph Güthner. Denn er erkannte sofort eine gemeinsame Leidenschaft: "Auch mich interessiert die jiddische Kultur. Und ich habe ebenfalls Lust aufs Singen", erklärt Güthner. Er lernte in einem VHS-Kurs Jiddisch, trat auch dem Hebräischen Chor in Berlin bei. "Der Chor fühlt sich aber der israelischen Tradition verpflichtet", erklärt der Hobbysänger. Jiddisch zu singen blieb für Güthner eine Herzensangelegenheit, die er dort nicht verwirklichen konnte. Doch als er Olaf Ruhl hörte, sah er seine Chance gekommen, einen eigenen Chor aufzubauen. Gemeinsam ließen es der Theologe und der Anwalt darauf ankommen und verteilten in der Victoriastadt Flyer in der Hoffnung, Gleichgesinnte zu finden. Heute besteht der Chor aus 15 Sängern. "Und wir können uns vor Auftrittgelegenheiten kaum retten", schmunzelt Ruhl. Eigens für die Chorarbeit besucht der Hobby-Musiker jetzt Kurse, um als Chorleiter professioneller arbeiten zu können. Und er gibt an die Sänger seine eigene Expertise weiter, wenn es um die melodische Artikulation der jiddischen Sprache geht. Alle Liedtexte werden von ihm in die lateinische Umschrift gesetzt. "Es gibt Lieder, die bestehen aus nur wenigen Textzeilen. Die kann jeder singen", meint Ruhl. "An die Aussprache, das muss ich aber zugeben, muss man sich gewöhnen. Es gibt viele Laute, die es so im Deutschen nicht gibt."
Korrekte Aussprache
"Wir wollen sprachlich möglichst nah an die korrekte Aussprache kommen", erklärt Christoph Güthner. So nimmt die Textarbeit bei den Chorproben einen ähnlich wichtigen Stellenwert ein, wie die Arbeit am Gesang. Erst so kann die Musikfarbe, die jiddische Lieder auszeichnet, entstehen: "Es ist diese Stimmung in den Lieder, diese Lebensweisheit, die in den Zeilen mitschwingt", weiß Güthner. So steht auch der Name des Chores, "Khaloymes", für "Träume". Es ist aus einer Textzeile des Liedes "Arum dem Fayer" entnommen, die da heißt: "Im Schlaf werden die Träume schweben". Christoph Güthner: "Viele denken, jiddische Lieder seien besonders traurig. Aber das Gegenteil ist der Fall: Es ist eine sehr lebensbejahende Musik."
Der Chor sucht noch nach weiteren Sängern, die Spaß am Musizieren haben und neugierig sind auf die jiddische Kultur. Willkommen sind Anfänger – Notenkenntnisse sind keine Bedingung – und erfahrene Chorsänger. Geprobt wird jeden Mittwoch von 20 Uhr an in der "Alten Schmiede", Spittastraße 40. KW
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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