Lebendiger Stadtplatz und Gedenkort in einem
Gestaltung des Roedeliusplatzes soll an seine Vergangenheit erinnern
Der Roedeliusplatz im Sanierungsgebiet Frankfurter Allee Nord gleicht momentan einer Baustelle, die Fläche rund um die Kirche St. Antonius und St. Shenouda wird neu gestaltet. Der Platz soll aber nicht nur hübscher, sondern auch zu einem Erinnerungs- und Gedenkort werden. Das Bezirksamt lobt dafür einen Kunstwettbewerb aus, an dem sich Kreative beteiligen können.
Den Wandel des Roedeliusplatzes stimmt der Bezirk mit der Koptischen Gemeinde ab, die seit über 20 Jahren in der Kirche St. Antonius und St. Shenouda, ehemals Glaubenskirche, beheimatet ist. Rund um das Gotteshaus sind seit einigen Wochen umfangreiche Bauarbeiten im Gange, insgesamt fließen rund 1,3 Millionen Euro aus Bezirks- und Landesmitteln in die Schönheitskur. Das Ganze soll mindestens noch bis zum November dauern.
Entstehen soll einmal ein lebendiger Stadtplatz, der gleichzeitig dessen Geschichte reflektiert. Mit einer besonderen Gestaltung will der Bezirk Lichtenberg daran erinnern, dass der Roedeliusplatz einmal ein Ort war, an dem zahlreiche Menschen Opfer der Sowjet- und der DDR-Diktatur wurden. „Die Vergangenheit des Roedeliusplatzes ist mit viel Leid verbunden“, sagt Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke). „Wir haben es uns deswegen zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der dort angesiedelten Institutionen aufzuarbeiten. Der Platz soll noch stärker ein Teil der Erinnerungskultur des Bezirks werden, auch durch seine künstlerische Gestaltung.“
Sowjetisches Militärgericht verhängte harte Strafen
Der Bezirk reagiert mit diesem Vorhaben aber auch auf die Forderungen von Bürgerinitiativen und Vereinen, die sich gegen das Vergessen engagieren. Am Roedeliusplatz befanden sich nach dem Zweiten Weltkrieg diverse Einrichtungen der Sowjetischen Militäradministration (SMAD), darunter die zentrale Militärgerichtsbarkeit, die sowohl für Angehörige der eigenen Truppen als auch für die deutsche Bevölkerung harte Strafen verhängte – darunter Todesurteile und schwere Haftstrafen. Etliche Verurteilte wurden nach dem Ende der Sowjetunion rehabilitiert.
Die SMAD nutzte vor allem die Gebäude des heutigen Amtsgerichtes auf der südlichen Platzseite, der Justizvollzugsanstalt nebenan und des Finanzamtes in der Magdalenenstraße. Die zwei letztgenannten zählten außerdem zu den ersten Einrichtungen, die beim Aufbau der Stasi unter Erich Mielke eine Rolle spielten. Und das Gerichtsgebäude war zu DDR-Zeiten Schauplatz zahlreicher politischer Prozesse. An alle Opfer soll künftig gedacht werden – und zwar mit dem Ergebnis des genannten Wettbewerbs. Es soll dem Platz ein künstlerisches Denkzeichen bringen, das auf den Standort, die Gebäude und ihre Geschichte verweist. Das Kunstwerk soll sich in die städtebauliche Situation einfügen und einen Bezug zur Koptischen Kirche haben.
Künstlerwettbewerb für Denkmal
Das Verfahren hat gerade begonnen. Aktuell läuft eine für Berliner und Brandenburger Kreative offene Bewerbungsrunde, in deren Anschluss bis zu zehn Künstler oder Künstlergruppen zur Teilnahme am nicht offenen und anonym gehaltenen Wettbewerb eingeladen werden. Auftakt des ersten Teils war am 18. Mai, er endet am 29. Juni um 15 Uhr. Anfang Juli tagt dann das Auswahlgremium. Wer es in die zweite Runde schafft, erhält relativ rasch die Benachrichtigung. Die Entwürfe müssen bis Mitte November abgegeben werden, Ende des Jahres entscheidet sich das Preisgericht für einen Favoriten. Der Gewinner soll seine künstlerische Idee schließlich bis Ende November kommenden Jahres auf der nordöstlichen Platzseite in die Tat umsetzen. 140 000 Euro für Honorare, Material und die Herstellung bekommt er oder sie dafür.
Für die Teilnahme am Online-Bewerbungsverfahren ist eine Anmeldung nötig, und zwar unter dem Link: https://bwurl.de/1544. Dort sind auch alle weiteren Infos zum Prozedere, zum Ort und zu den Bewerbungsunterlagen zu finden.
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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