Kunst und Kultur statt Kraulstrecke
Neue Perspektive für das alte Stadtbad an der Hubertusstraße

Den Eingangsbereich will die BIM so herrichten lassen, dass dort Kulturveranstaltungen stattfinden können. | Foto: B. Müller
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Seit fast zwei Jahrzehnten ist das alte Stadtbad an der Hubertusstraße geschlossen – sehr zum Bedauern vieler Lichtenberger. Etliche haben dort ihre ersten Schwimmzüge getan, im Verein trainiert, in der Sauna entspannt. Jetzt zeichnet sich eine neue Zukunft für das verfallene Schmuckstück ab. Mit Kraulen, Kopfsprüngen oder Körperpflege hat die aber nichts zu tun.

Ausstellungen, Vorträge, Kulturveranstaltungen mit bis zu 200 Gästen sollen das Hubertusbad schon im nächsten Jahr wiederbeleben, sagt Johanna Steinke, Leiterin Kommunikation bei der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM). „Geplant ist, zunächst das Foyer im Erdgeschoss und eine der beiden Schwimmhallen zu öffnen, damit dort kleine Events stattfinden können.“

Die BIM als hundertprozentige Tochtergesellschaft des Landes Berlin ist seit 2001 Eigentümerin des alten Stadtbads. Sie hatte zunächst in diversen Verfahren versucht, das verfallene, denkmalgeschützte Gebäude aus dem Dornröschenschlaf zu holen. Wunsch und Wille, die expressionistische Bauperle an private Investoren zu verkaufen, scheiterten vor allem an den strengen Auflagen des Denkmalschutzes.

Zur Geschichte: 1928 eröffnete das Stadtbad Lichtenberg als damals hochmodernes Volksbad. Hauptzweck war aber nicht das Schwimmvergnügen. Weil Badewannen, Duschen und selbst Waschbecken in den Mietskasernen nicht zum Standard zählten, sollten sich die Leute im Volksbad vor allem der Körperpflege widmen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Gebäude hauptsächlich als Schwimmbad; zu DDR-Zeiten lernten dort Schulkinder schwimmen, nachmittags zogen Vereinssportler ihre Bahnen, in den oberen Etagen trafen sich Saunafreunde.

Reparaturen oder Modernisierungen blieben indes all die Jahre aus. Seit 1991 stillgelegt, bietet sich heute hinter den Mauern ein Bild des Verfalls und der Verwahrlosung. Leerstand, Dachschäden und Vandalismus haben massive Spuren hinterlassen. Die Sanierungskosten belaufen sich nach Schätzungen auf circa 40 Millionen Euro. Seit 2016 der letzte Versuch scheiterte, das Bad zu veräußern, steht die BIM im Austausch mit dem Bezirksamt, mit dem Förderverein Altes Stadtbad Lichtenberg und anderen Akteuren aus dem Kiez.

Gemeinsam geht es darum, was man mit dem Haus anfangen könnte – ohne umfassende Sanierung. „In der Vergangenheit ließen sich der Erhalt des Denkmals und die Interessen potentieller Investoren nicht in Einklang bringen“, sagt Birgit Möhring, Geschäftsführerin der BIM. „Mit dem Verbleib im Landesbesitz und der konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Bezirk sehen wir nun eine Perspektive, das Bad bald der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und ein langfristiges Nutzungskonzept zu entwickeln, das der Stadt und dem Gebäude gerecht wird.“

Die BIM hat sich für eine Alternative zum Schwimmbetrieb entschieden. Kunstort statt Kraulstrecke könnte die Devise lauten. Schon in den nächsten Wochen beginnen Sicherungsarbeiten im Außenbereich. Die Fassaden werden einrüstet, anschließend geht es an die provisorische Wiederherstellung der Dachentwässerung. Schäden und Löcher in der Überdeckung werden geflickt, eine komplette Sanierung steht nicht an. Die Naturstein-Fassadenelemente müssen gesichert, lose Putzflächen entfernt werden. Nicht zuletzt gilt es, die Eingangstreppe so zu reparieren, dass sie gefahrlos und ohne Stolperfallen zu betreten ist.

Im Anschluss sind dann der Foyerbereich und eine der beiden Schwimmhallen an der Reihe. „Dort müssen wir die nicht zugänglichen Bereiche absperren, einen barrierefreien Zugang gewährleisten, ein Brandschutzkonzept erstellen und umsetzen“, erklärt Johanna Steinke. „Auch für Sanitäreinrichtungen wird gesorgt.“ 800 000 bis 900 000 Euro will die BIM in diese Arbeiten stecken, die der erste Schritt zum langfristigen Erhalt des Hubertusbads sein sollen. Im nächsten Jahr gelte es dann, neues Geld zu beantragen, sagt die BIM-Sprecherin. In ferner Zukunft seien auch Büros und größere Nutzungen für Kunst, Kultur und Medizin im Haus denkbar. „Wir haben aber noch keine wilden Visionen für Stufe zwei und drei. Als unseren Auftrag verstehen wir, die Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten und eine langfristige Perspektive zu bieten.“

„Wichtig ist, dass das Bad erst einmal aufgemacht wird“, sagt Lichtenbergs Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke), der einst selbst in den Becken schwimmen gelernt hat. „Ich kann mir vorstellen, dass dann die Ideen nur so sprudeln. Unzählige Menschen haben wertvolle Erinnerungen an das Hubertusbad. Deshalb ist es gut, dass die momentane Planung berücksichtigt, das Haus für die Berlinerinnen und Berliner zu öffnen“.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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