Verschollene Walzermelodie für Orankesee gesucht
Alt-Hohenschönhausen. Zum Strandbad Orankesee gehören nicht nur Sonne und Sand, sondern auch der Oranke-Walzer. Jetzt sucht der Förderverein Obersee-Orankesee nach den verschollenen Noten und hofft auf Hinweise der Leser der Berliner Woche. Gleichzeitig ruft das Team zum Kompositionswettbewerb auf, um eben diesen Walzer pünktlich zum Seenfest neu erklingen zu lassen.
"Ich habe tagelang in der Staatsbibliothek recherchiert, Nachbarn befragt", sagt Nikola John. Fast detektivisch verfolgte sie die historischen Spuren des einstigen Erbauers des Strandbads Orankesee, Wilhelm Heiden-Heinrich (1895–1980).
Die Spuren seines Wirkens verschwinden jedoch allmählich im Strom der Zeit. Nikola John will trotzdem nicht aufgeben. "Der Oranke-Walzer soll erneut aufgeführt werden", das hat sich die Anwohnerin zusammen mit dem Förderverein Obersee-Orankesee zum Ziel gesetzt. Am 3. September veranstaltet der Verein das traditionelle Seenfest im Strandbad Orankesee. "Die Wiederaufführung wäre das Highlight des Festes", findet sie, und der historische Ort wäre die passende Kulisse.
Bislang gibt es nur den Text, überliefert im "Liederheft 'Frohe Stunden mit W. Heiden-Heinrich". Eine Nachbarin von John, Heike Kerber, ist in Besitz eines antiquarischen Exemplars. "Was mit den Noten passiert ist, wissen wir nicht. Sie scheinen verschollen", sagt John. Doch sie hofft, die Noten noch zu finden. "Wer die Noten hat, soll sich bitte mit uns in Verbindung setzen", bittet sie nun die Leser der Berliner Woche.
Gleichzeitig verfolgt John als Organisatorin des Seenfestes noch eine andere Idee: "Wir rufen talentierte Menschen dazu auf, ihre eigene Musik für den Oranke-Walzer zu komponieren." Vom Rap über Rock bis zur Volksmusik werden hier die Genres bewusst offengehalten. "Wir wollen mit dem Kompositionswettbewerb eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart schlagen."
Wie geschichtsträchtig der Orankesee ist, das ist vielen neuen Bewohnern rund nur wenig bewusst: John wohnt seit fast zehn Jahren am Orankesee und dachte bislang selbst, die Historie dieser Gegend gut zu kennen. "Klar, da gibt es die Agenten-Villen rund um den Orankesee. Aber als ich mehr über den Erbauer des Strandbades und seine Vergangenheit erfuhr, desto mehr fesselte mich diese Geschichte." Was heute kaum einer weiß: Wilhelm Heiden-Heinrich kam als "Glücksritter" dazu, das Bad zu errichten. Seine eigentliche Leidenschaft galt der Musik und dem Schauspiel. Seine erste Karriere war die als Theatermacher in Weißensee. Nach der Wirtschaftskrise musste sich der Kulturmacher neu erfinden. Dazu zählte die Pacht der "Terrassen am Orankesee" – dem damaligen Wirtshaus. Mit der Pacht verpflichtete sich Heiden-Heinrich, ein neues Bad zu errichten. Das eröffnete am 23. Juli 1929 und zählte am ersten Tag bereits 12 000 Badegäste. Den Gästeansturm konnte Heiden-Heinrich sogar halten: Er selbst tat sich oft genug als Sänger hervor, organisierte im Wirtshaus Konzerte und Vergnügungsveranstaltungen. Und widmete nicht nur den "Frauen von Berlin", sondern auch dem Orankesee einen Walzer mit den Textzeilen: "Es war einst am Orankesee, da sah ich Dich als Badefee./ Ich wußte gleich, als ich Dich sah, Du wirst die Meine, Erika!/ Wir saßen dann beim Varieté am herrlichen Orankesee./ Und dann am Abend ganz zum Schluß kriegt' ich den ersten Kuß/. KW
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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