Berliner JugendFORUM auf dem Campus für Demokratie
400 Jugendliche stellen Forderungen an Berliner Senat
Mit einer großen Abschlussveranstaltung auf dem Campus für Demokratie ist am vergangenen Montag das erste von der SozDia Stiftung Berlin veranstaltete Berliner JugendFORUM zu Ende gegangen. Höhepunkt war die Übergabe von 50 Forderungen an Aziz Bozkurt, Staatssekretär für Jugend, Familie und Schuldigitalisierung. Bildungssenatorin Astrid Busse und der Präsident des Berliner Abgeordnetehauses, Dennis Buchner, hatten zuvor die Veranstaltung mit einer Begrüßungsrede eröffnet.
Die klare Forderung der Jugendlichen an die Politik: es braucht mehr politische Beteiligung und mehr offizielle und offene Anlaufstellen für Jugendbeteiligung in allen Bezirken, sowie ein Jugendexpert*innengremium auf Landesebene. Ein eigens gegründetes Jugendbegleitgremium hat die über mehrere Monate gesammelten Bedarfe kategorisiert und ausformuliert. Im Mittelpunkt des Katalogs stehen die sieben Kernforderungen:
- Wohnen darf kein Luxusgut sein. Wir fordern die Umsetzung des Menschenrechts auf angemessenen und bezahlbaren Wohnraum!
- Wir fordern einen besseren und schnelleren Zugang zu Therapieplätzen!
- Wir fordern die Möglichkeit der Abschaffung von Noten (z.B. pro Schule oder Klasse oder kursweise wie beim Sport); Schüler*innen wollen häufig weniger Leistungsdruck und fühlen sich im Schulsystem auf ihre Note reduziert. Wir sind mehr als unsere schulische Leistung!
- Wir fordern, dass das Leben mit einem Ausbildungsgehalt oder BAFÖG finanzierbar sein muss!
- Wir fordern mehr autofreie Zonen, um Platz für Fahrradstraßen zu schaffen!
- Unisex-Toiletten und Umkleiden in Schulen und Jugendzentren sollen zum Standard werden; damit müssen nicht andere Toiletten abgeschafft werden, aber für Menschen, die sich nicht als weiblich oder männlich definieren und für die, die Benutzung eine Diskriminierung darstellt, sollte es andere Optionen geben!
- Wir fordern die Politik auf, Menschen konsequent mitzudenken, die von Mehrfach-Diskriminierung betroffen sind und sie als Expert*innen ihrer Situation zu befragen und einzubinden!
>zum gesamten Forderungspapier
In einem Statement vor der Veranstaltung hebt Aziz Bozkurt das Engagement der Teilnehmer*innen hervor: „Junge Menschen sind in aller Regel hochpolitisch, engagiert und innovativ – wenn die gesamte Gesellschaft das zulässt und auch versteht, dass Engagement sehr unterschiedlich aussehen kann. Wer politisch sein will, braucht schließlich nicht zwingend ein Parteibuch oder eine Begeisterung für lange Reden im Bundestag. Das beweisen auch all die jungen Menschen, die sich im Rahmen des JugendFORUMs einbringen und für ihre Positionen stark machen.“
Unter den Mitgliedern des Jugendbegleitgremiums ist auch die 20-jährige Alicia: „Wir erwarten nun von der Politik, dass unsere Forderungen ernstgenommen werden. Denn auch wenn wir in einer Minderheit sind: Unsere Themen sind wichtig und wir müssen gehört werden“.
Auch Nina Kirch, Geschäftsleitung der SozDia Stiftung, mahnt: „Hier sehen wir die jugendpolitischen Sprecher*innen des Abgeordnetenhauses in der Verantwortung. Nach der Veranstaltung ist es wichtig, dass die Forderungen nicht im Sande verlaufen“. Nur so könne den Jugendlichen vermittelt werden, dass ihr Engagement etwas bewirkt und es sich lohnt, politisch aktiv zu werden. „Wir laden daher Fachverbände und Institutionen ein, sich in den Diskurs einzubringen und Forderungen aus dem Katalog aufzugreifen, um sich für deren Umsetzung stark zu machen“, so Nina Kirch weiter.
Auf der Abschlussveranstaltung erhielten die über 400 teilnehmenden Jugendlichen die Möglichkeit, mit Politiker*innen des Berliner Senats über ihre Themen zu diskutieren und weitere Forderungen anzusprechen. An sieben Themen-Areas fand ein Dialog auf Augenhöhe mit Politiker*innen statt, moderiert durch Expert*innen von Partnerorganisationen, u.a. dem Migrationsrat Berlin e.V, der Stiftung SPI, dem Bildungswerk für Schülervertretungen und Schülerbeteiligung e.V., dem Lesben- und Schwulenverband (LSVD) e.V. und vielen weiteren.
Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen konnten zudem an vier Workshops teilnehmen und aktiv werden. Zur Auswahl standen die Workshops Beatboxing mit Razzz, Gegen Hatespeech mit „junge Gegenargumente“ von der Servicestelle Jugendbeteiligung e.V., #moneyforchange mit Michael Heinisch-Kirch und TRUTH TALKS mit HÀWAR.help. Ein Rahmenprogramm aus sportlichen und kulturellen Angeboten, sowie Möglichkeiten zum Entspannen rundeten das vielfältige Programm ab und trugen zum Festivalcharakter bei.
In den letzten Monaten hat das Berliner JugendFORUM vielfältige Möglichkeiten für Jugendliche geschaffen, ihre Meinungen zu äußern und die Themen anzusprechen, die sie bewegen. Die SozDia Stiftung, welche das senatsgeförderte Austauschformat in diesem Jahr ausrichtet, hat vor allem darauf Wert gelegt, dass ein breites Publikum an jungen Menschen erreicht wird, die oftmals nicht in Erscheinung treten. „Es war von zentraler Bedeutung, dass auch Einrichtungen der ambulanten und stationären Jugendhilfe kontaktiert und Jugendliche befragt wurden, die beispielsweise keinen Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden haben“, erläutert Nina Kirch. Eine breite Beteiligung wurde zudem durch die Präsenz während der Sommerferien in Berliner Freibädern erreicht und durch angebotene Projekttage in Jugendklubs. Während des gesamten Zeitraums konnte ein Online-Fragebogen ausgefüllt werden.
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