Lesesaal statt Archivzentrum
Aufarbeitungsverein schlägt Alternative zum geplanten Neubau vor

Christian Booß, Vorstand des Aufarbeitungsvereins Bürgerkomitee 15. Januar, schlägt statt des Neubaus eines großen Archivzentrums den Bau eines modernen Lesesaals vor. | Foto:  Bernd Wähner
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Auf dem einstigen Stasi-Gelände an der Ruschestraße 103 soll nach Vorstellungen des Bundes ein Archivzentrum gebaut werden.

Diese Pläne kritisiert der Aufarbeitungsverein Bürgerkomitee 15. Januar, der seinen Sitz im Haus 1 hat. „Das vom Bund geplante Archivzentrum ist zu teuer, dauert zu lange und passt in seinen Dimensionen nicht in das teilweise denkmalgeschützte Gelände“, sagt Vereinsvorstand Christian Booß.

Der Verein schlägt stattdessen vor, das Gelände um einen modernen Lesesaal zu ergänzen. Diesem könnten DDR-Akten aus allen anderen Teilen des Bundesarchivs zugespielt werden. „Dies wäre eine moderne und sinnvolle Ergänzung zu den Stasi-Akten, die schon seit 1990 auf dem Gelände genutzt werden. Das würde die Recherche zur gesamten DDR-Geschichte quasi an einem Ort ermöglichen“, so Booß weiter. „Der Bau ließe sich vergleichsweise schnell realisieren, wäre deutlich kostengünstiger und würde sich als moderner Ergänzungsbau gut in die Stadtkulisse an der Frankfurter Allee und das Gelände einfügen.“

Ein Lesesaal könne einer der innovativsten seiner Art in Europa werden und passe sich gut in die Strategie des Bundesarchivs ein, die Akten zunehmend digital sichert und nutzbar macht, erklärt Booß weiter. Er könnte mit einer Präsenzbibliothek und mit teilweise für die Öffentlichkeit einsehbaren Räume zur digitalen Aktenrekonstruktion ergänzt werden.

Bisher plant der Bund ein Archivzentrum für alle DDR-Akten, die sich im Bundesarchiv am Standort Lichterfelde befinden. Dort existiert ein moderner Archivbau, der gerade fertiggestellt worden ist. Auf dem Gelände der ehemaligen Kadettenanstalt sei genügend Freifläche in Händen des Bundes, um sofort weitere Ergänzungsbauten errichten zu können, so Christian Booß. Auch das ließe sich deutlich schneller und kostengünstiger realisieren als in Lichtenberg.

In Lichtenberg hat der Bund bisher hingegen kein Baugrundstück für ein Archiv. Es müssten lange Verhandlungen mit Eigentümern mit ungewissem Ausgang geführt, alte Gebäude abgerissen, Altlasten beseitigt, Rücksicht auf Bunker und die benachbarte U-Bahntrasse genommen werden. „Zudem würden die letzten Altbauten aus der Gründungszeit von Lichtenberg geopfert, die die Stasi nicht sprengen konnte und auch weitere historische Bausubstanz des Ensembles, die für das MfS charakteristisch war“, erklärt Vereinsvorstand Booß.

Hinzu käme: Dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen auf dem Campus der Demokratie würden jahrelang verzögert. Die geplante Variante des Neubaus würde auch zu Lasten der Ertüchtigung und von Archiv-Neubauten in Ostdeutschland gehen, für die die Haushaltsspielräume immer enger werden, so das Fazit von Christian Booß.

Christian Booß, Vorstand des Aufarbeitungsvereins Bürgerkomitee 15. Januar, schlägt statt des Neubaus eines großen Archivzentrums den Bau eines modernen Lesesaals vor. | Foto:  Bernd Wähner
Im Hof auf dem Campus der Demokratie, auf dem sich einst die Stasizentrale befand, ist unter anderem eine Open-air-Ausstellung zur Friedlichen Revolution 1989/90 zu besichtigen. Erstellt wurde sie von der Robert-Havemann-Gesellschaft, deren Archiv sich auf dem Campus befindet. | Foto: Bernd Wähner
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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