Die Kleinen Anfragen kosten laut Bürgermeister zu viel Geld und Zeit
Wie viele Wohnungslose suchten im vergangenen Jahr in Lichtenberg nach Hilfe? Welche Schulen beschwerten sich zuletzt über den schlechten Zustand der Toiletten? All das und mehr wollen Bezirksverordnete schnell und vor allem verbindlich wissen - weshalb sie eine so genannte Kleine Anfrage ans Bezirksamt stellen. Für die Arbeit des Parlaments sind diese Kleinen Anfragen wichtig, weil sie Rechenschaft verlangen und die Faktenlage klären. In den Sitzungen der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wird die Kleine Anfrage ebenfalls gern genutzt, dort hat sie eine ähnliche Funktion. "Sie dient vor allem dazu, sich sachlich auf die Arbeit in den Ausschüssen vorzubereiten", sagt Bürgermeister Andreas Geisel (SPD), der seine Unterschrift bereits Hunderte Male unter die Antwort auf eine Kleine Anfrage gesetzt hat. Denn die Mitarbeiter des Bezirksamtes arbeiten ihm natürlich fachlich zu. Zwei Wochen haben sie in der Regel dafür Zeit.
Was Geisel beanstandet: "Manche Beantwortung gleicht für die Mitarbeiter des Bezirksamtes einer Strafarbeit." In der vergangenen BVV informierte er deshalb die Bezirksverordneten aller Fraktionen darüber, dass "die Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht mehr als 30 Minuten in Anspruch nehmen kann." Die aktuelle Arbeitsbelastung der Mitarbeiter sei ohnehin schon groß. "Das Bezirksamt will die Kleinen Anfragen der Bezirksverordneten nicht bewerten", sagte Geisel zwar. Er bat jedoch, auch die Zeit und die Kosten im Auge zu behalten. "Wir haben rund 40.000 Euro an Personalmitteln für die Beantwortungen ausgegeben." Tatsächlich musste das Bezirksamt in der aktuellen Legislaturperiode, also seit Oktober 2011, schon mehr als 400 solcher Anfragen bearbeiten. Die Fraktion der Piraten Lichtenberg will das Nachhaken aber auch künftig nicht lassen. Dabei hatte sich der Zwist mit dem Bürgermeister vor allem an ihrem "Bohren" entzündet.
Der Piraten-Fraktionsvorsitzende Yannick Meyer beanstandete die schlechte Beantwortung einer seiner Anfragen. Er wollte wissen, ob der Bezirk darüber Statistik führe, welche Straßen nach weiblichen und welche nach männlichen Personen benannt seien - und bekam zu lesen, dass das Bezirksamt diese Frage nicht "mit einem vertretbaren Aufwand" beantworten könne. Man empfehle den Gang in die Bezirksbibliothek, eine Liste einschlägiger Titel folgte. Die Unterschrift zu dieser Antwort setzte der Bürgermeister selbst.
Dass das Bezirksamt eine solche Statistik, wie sie in anderen Bezirken im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit durchaus geführt wird, gar nicht angelegt hat - das bestätigte der Bürgermeister erst auf Nachfrage in der jüngsten Bezirksverordnetenversammlung.
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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