Jedem Kiez sein Milieu: Bewohner fürchten ihre Verdrängung / Gutachter sehen diese Bedrohung nur in einer Region

Viele Anwohner im Weitlingkiez sehen sich schon jetzt durch Modernisierung und Eigentumsumwandlungen verdrängt. | Foto: Wrobel
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Lichtenberg. Wo werden im Bezirk die Menschen durch Modernisierung aus dem Kiez verdrängt? Gutachten sehen diese Bedrohung für den Kaskelkiez – für den Weitlingkiez aber noch nicht. Anwohner protestieren.

Um es vorweg zu nehmen: Noch gibt es im Bezirk Lichtenberg keinen einzigen Kiez, der mit einer Erhaltungssatzung geschützt wird. Und doch wird seit Jahren über diese mögliche Satzung debattiert, welche die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in bestimmten Gebieten schützen soll.

Die Satzung verhindert etwa die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Derzeit sind mit dem Weitlingkiez, der Frankfurter Allee Nord und dem Kaskelkiez drei Regionen im Fokus für eine solche Satzung. Doch was von vielen Anwohnern der Kieze wahrgenommen wird – sie fühlen sich von steigenden Mieten, Eigentumsumwandlung und Modernisierungen verdrängt – steht der von Gutachtern festgestellten Situation entgegen. Besonders im Weitlingkiez drängen derzeit die Bewohner auf eine solche Satzung.

Sie fühlen sich durch die Modernisierungen mehrerer Hundert Wohnungen und durch geplante Umwandlungen in Eigentumswohnungen durch die Deutsche Wohnen AG im Kiez rund um die Metastraße verdrängt und von der Lokalpolitik im Stich gelassen. Das Bezirksamt hatte 2012 auf angekündigte Modernisierungen zu spät reagiert (die Berliner Woche berichtete). „Wir wollen alles unternehmen, um die soziale Mischung im Bezirk zu erhalten“, bekräftigte die für die Stadtentwicklung zuständige Stadträtin Birgit Monteiro (SPD) auf der letzten Bezirksverordnetenversammlung.

Sie verdeutlichte aber, dass daraus nicht unbedingt ein Schutz der Regionen mit einer Erhaltungssatzung erwächst. „Dieses Instrument ist natürlich verführerisch, denn hier kann der Bezirk selbst etwas in Gang setzen“, so Monteiro. Trotzdem müsse der Schritt hin zu einer Erhaltungssatzung einer rechtlichen Belastung standhalten – etwa, wenn Immobilienbesitzer eine Modernisierung auf juristischem Wege durchsetzen wollen. „Deshalb war uns eine sachliche Analyse wichtig.“

Weitlingkiez nicht bedroht

Erst kürzlich hat ein vom Bezirksamt eingesetzter Gutachter dem Weitlingkiez die Schutzbedürftigkeit abgesprochen. Im offiziellen Abschlussbericht heißt es: „Die bisherigen Modernisierungsinvestitionen haben bislang keine relevanten Auswirkungen auf die Sozialstruktur gehabt“. Diese Region, so versicherte nun Monteiro auf der BVV, soll aber weiter unter Beobachtung bleiben. Besonders interessant dürften dabei die Zahlen des Monitorings SozialeStadt der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sein, die im Sommer dieses Jahres veröffentlicht werden. Sie verdeutlichen die sozialräumlichen Entwicklungen und können ein noch detaillierteres Bild geben. „Wir werden diese Zahlen sorgfältig auswerten“, versprach Monteiro.

Diese Statistiken dürften auch anderen Regionen im Bezirk zugute kommen. Denn ein weiteres Gutachten wurde auch für die Region nördlich der Frankfurter Allee erstellt. Auch hier spricht der Gutachter keine Empfehlung für eine Erhaltungssatzung aus. Einzige Ausnahme ist bislang der Kaskelkiez: Hier hat der Gutachter eine solche Satzung empfohlen. Noch muss die Bezirksverordnetenversammlung allerdings das Bezirksamt beauftragen, diese Satzung auszuarbeiten. KW

Viele Anwohner im Weitlingkiez sehen sich schon jetzt durch Modernisierung und Eigentumsumwandlungen verdrängt. | Foto: Wrobel
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Karolina Wrobel aus Lichtenberg

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