Bürgermeister denkt über Schließung der Galerie nach
"Zwei Besucher am Tag, das ist zu wenig", sagt er. Das hätte eine Bestandsaufnahme des Bezirksamts ergeben. Deswegen wird jetzt über die Verkleinerung oder Schließung der Galerie im Ratskeller in der Möllendorffstraße 6 nachgedacht. Bei Leiterin Silvia Eschrich lösen die Überlegungen Kopfschütteln aus: "Die Statistik des Bezirksamts kann ich nicht nachvollziehen." In diesem Jahr zählt sie fast 3000 Besucher, "konkret kommen wir auf zwölf am Tag", sagt sie. "Das ist der normale Durchschnitt unter den Lichtenberger Galerien."
Bis 2016 muss der Bezirk 300 Stellen abbauen, so die Vorgabe des Senats. Das Bezirksamt setzt nun an vielen Stellen den Rotstift an. "Unsere Galerie verursacht keine Mietkosten, bei der Einsparung würde nur eine feste Stelle wegfallen", argumentiert Eschrich gegen die Streichung. Sie weiß nicht, wie es nächstes Jahr weitergehen soll.
Bildung in Form von Kunst hat nämlich ohnehin keinen festen Stand: Wie viel und ob Geld für Kultur ausgegeben wird, obliegt dem Bezirk selbst. Und der hat immer weniger Budget. Lichtenberg leistet sich bislang fünf kommunale Galerien. In diesem Jahr kam sogar mit der Galerie im Kulturhaus Karlshorst eine neue dazu, die sich erst etablieren muss. Jetzt ist es aber die bekannte Galerie im Ratskeller, von der sich der Bezirk offenbar möglichst leise verabschieden möchte. Silvia Eschrich hat über die Schließungsabsicht aus der Presse erfahren.
Die Galerie für zeitgenössische Kunst im Rathaus hat sich seit 2007 überregional einen Namen gemacht. Die hier ausgestellte Kunst zieht Studenten und andere Interessierte an, die offen gegenüber neuen Kunstformen sind. "Der Schwerpunkt liegt eben nicht auf den traditionellen Sparten wie Malerei oder Bildhauerei", sagt Eschrich. Videokunst, Installationen, interaktive Kunst - zu sehen sind Werke von namhaften Berliner oder internationalen Künstlern. "Aber eben nichts, was man sich an die Wand hängen kann. Hochaktuelle Themen, die zum Nachdenken anregen." Die Künstler verhandeln die aktuelle Situation in Politik und Gesellschaft oft in ungewöhnlichen Formen. In der jüngst eröffneten Gruppenausstellung "Barbaren der Oberschicht" verarbeitet die britische Künstlerin Olivia Plender die Geschichte des Kapitalismus in einem historischem Würfelspiel, dem Vorbild für Monopoly. Auf Heuballen sitzend können die Galeriebesucher spielerisch erfahren, wie Vorteilsnahme Gewinn abwirft.
Unweit vom Nachbarbezirk Friedrichshain-Kreuzberg liegend ist die Galerie im Lichtenberger Ratskeller ein kulturelles Aushängeschild für das moderne Selbstverständnis des Ostbezirks. "Wir wollen weiterhin die künstlerische Strömungen für die Bürger im Bezirk aufgreifen", gibt sich Silvia Eschrich kämpferisch. "Doch umsonst ist das eben nicht zu haben."
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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