Roland Jahn plant einen Campus der Demokratie
Damit will er den authentischen Ort, von dem aus bis 1989 der Repressionsapparat der SED-Diktatur durch den Stasi-Minister Erich Mielke und seine Leute gesteuert wurde, neu und positiv nutzen. Schritt für Schritt will Jahn seine Behörde aus der Mitte der Stadt an den Standort des früheren Mielke-Imperiums verlegen. Private und öffentliche Träger seien eingeladen, sich an der von ihm angestrebten Neuorientierung durch Anregungen und Aktivitäten zu beteiligen. Mit dem Campus der Demokratie soll ein lebendiges Museum, ein Ort der Aufklärung, Aufarbeitung und der Erinnerung geschaffen werden. Dafür sei die frühere Stasi-Zentrale mit ihren vielen noch authentisch erhaltenen Räumen und Hinterlassenschaften bestens geeignet. Millionen Besucher hätten sich dort bereits umgesehen und nachhaltige Eindrücke vom Funktionieren und den Verbrechen des Geheim- und Spitzeldienstes der DDR mit nach Hause genommen.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden fast sieben Millionen Anträge auf Akteneinsicht gestellt. Darunter befanden sich 1,7 Millionen Anträge zur Untersuchung möglicher Verstrickungen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes in die Machenschaften des ehemaligen DDR-Geheimdienstes. Außerdem haben Stasi-Opfer eine halbe Million Anträge zur Rehabilitierung und Entschädigung gestellt.
Roland Jahn weist in seiner Bilanz darauf hin, dass bisher etwa 20 Prozent der in der "Wendezeit" von Stasi-Mitarbeitern zerrissenen Akten mit Hilfe einer besonderen Computersoftware rekonstruiert werden konnten, das seien etwa eine Million Blatt Papier gewesen.
Kritiker der Campus-Pläne mutmaßen, Roland Jahn beabsichtige mit ihnen, die Existenz der von ihm geleiteten Behörde über den 30. Jahrestag des Falls der Mauer und des Endes der SED-Herrschaft hinaus fortzusetzen, obwohl es beschlossene Sache sei, diese 2019 zu beenden. Die weitere Entwicklung soll Ende Oktober in einer Expertenrunde geklärt werden. Sie wird dann auch über die Vor- und Nachteile der Überführung der Stasi-Akten ins Bundesarchiv diskutieren.
Der ehemalige Journalist Jahn, der wegen seiner oppositionellen Arbeit 1983 mit weiteren Friedensaktivisten von den DDR zwangsweise ausgebürgert und in die Bundesrepublik abgeschoben wurde, befürchtet in diesem Fall, dass die Unterlagen dann nicht mehr so gut zugänglich sein werden wie bisher. Außerdem sei auch ungeklärt, ob und wie nach 2019 die bisher geleistete Forschungsarbeit und Publikationstätigkeit fortgesetzt wird.
Autor:Helmut Caspar aus Mitte |
Kommentare