Ein Gärtchen schreibt Geschichte

Die Broschüre "Die Kleingärtner in Berlin-Lichtenberg und ihre über hundertjährige Geschichte" ist beim Bezirksverband in der Köpenicker Allee 9 erhältlich. | Foto: Wrobel
  • Die Broschüre "Die Kleingärtner in Berlin-Lichtenberg und ihre über hundertjährige Geschichte" ist beim Bezirksverband in der Köpenicker Allee 9 erhältlich.
  • Foto: Wrobel
  • hochgeladen von Karolina Wrobel

Lichtenberg. Schon immer mussten Kleingärtner im Bezirk gegen viele Widerstände ankämpfen. Nicht immer waren sie erfolgreich, das zeigt die über hundertjährige Geschichte der Laubenkolonien. Eine lesenswerte Broschüre des Vereins "Bezirksverband Berlin-Lichtenberg der Gartenfreunde" zeichnet die wechselhafte Historie nach.

Nicht erst seitdem in den letzten Jahren Wohnungen in Berlin immer knapper werden, gibt es Begehrlichkeiten, aus den Kleingartenanlagen Bauland zu machen. Wohnungen waren schon früher knapp: Schon in den 1960er Jahren, als das einstige Hans-Loch-Viertel in Friedrichsfelde entstand, verschwand eine beträchtliche Anzahl von Laubenkolonien zugunsten von Wohnungsbau. Die Folge: In nur einem Jahrzehnt verschwand zwischen den 1960er und 1970er Jahren die Hälfte der Kleingärten in diesem Gebiet. Von 12 449 Kleingartenparzellen blieben nur noch 5764.

"Auch heute schielen viele Investoren auf die Flächen von Kleingartenanlagen, weil Wohnungen oder Infrastruktur gebraucht werden", weiß Wolfgang Beyer. Der 62-Jährige ist Vorsitzender des Kleingartenvereins "Grüner Grund" an der Zacherstraße. Vor einigen Jahren plante hier ein Investor die Durchwegung zu einem benachbarten Supermarkt. Das rief den Protest der Kleingärtner auf den Plan. Die Politik lenkte ein, der Investor ließ seine Pläne fallen. "Kleingärtner sind in Berlin zu einer nicht zu unterschätzenden Macht geworden", schmunzelt Beyer. Er freut sich, dass das Bezirksamt Lichtenberg die vielen Kleingartenanlagen durch ein formalrechtliches Verfahren nun nach und nach auf Dauer sichert. "Viele Kleingartenanlagen sind historisch gewachsen. Bis heute bilden sie ganz unterschiedliche Gemeinschaften. Das Wissen um ihre Entstehung müssen wir deshalb erhalten. So erkennen auch zukünftige Generationen ihre Bedeutung", sagt er.

In einem Büchlein hat er zusammen mit dem Historiker Günter Möschner und Günter Neunherz diese Geschichte zusammengefasst. Unter dem Titel "Die Kleingärtner in Berlin-Lichtenberg und ihre über hundertjährige Geschichte" bilden die Autoren auf 78 Seiten nicht nur die Entstehung der Laubenkolonien ab, sondern zeigen die kulturgeschichtlichen Zusammenhänge auf, die heute weiterwirken. Ein Register mit einer Kurzbeschreibung der im Verein "Bezirksverband Berlin-Lichtenberg der Gartenfreunde" organisierten 27 Vereine rundet die Broschüre ab.

"Kleingartenanlagen gehören seit Beginn des 20. Jahrhunderts in Lichtenberg zu dem urbanen Leben dazu", weiß Beyer. Viele der Anlagen, darunter die 1904 gegründete "Müllers Ruh" oder die 1906 gegründete "Langes Höhe", existieren bis heute und gehen auch auf die Entwicklung Berlins als Industriestandort zurück. Die aus dem ländlichen Raum zugezogenen Bewohner suchten Erholung von den dunklen und beengten Wohnverhältnissen der Stadt. Zudem boten die Laubenkolonien die Gelegenheit zur Selbstversorgung mit Obst und Gemüse – in Kriegs- und Inflationszeiten waren sie ein wichtiger Beitrag zur Notversorgung. In der DDR ermöglichten sie auch ein gewerbliches Zubrot. Mit der günstigen Lage an der damaligen Stadtgrenze richteten sich Anfang des Jahrhunderts viele Kleingärtner im Gebiet in Boxhagen-Rummelsburg und im Nachbarort Friedrichsfelde ein. Doch die Gründerzeit war auch die Zeit der Bodenspekulanten: Viele Grundstückseigentümer begannen, die Kleingärtner mit beträchtlichen Pachtpreisen zu erpressen. Die Gartenfreunde wehrten sich, indem sie sich durch Vereinsgründungen zu organisieren begannen.

Wer mehr erfahren möchte: Die Broschüre ist in einer Auflage von 500 Stück erschienen und für einen Unkostenbeitrag von 10 Euro in der Geschäftsstelle des Vereins Bezirksverband Berlin-Lichtenberg der Gartenfreunde in der Köpenicker Allee 9 erhältlich. KW

Weitere Informationen gibt es unter  509 95 89 oder unter www.gartenfreunde-liberg.de.
Autor:

Karolina Wrobel aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 653× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 939× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 914× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.279× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.