Ansprechpartner soll Interessengruppen versöhnen
Neuer Platzmanager am Bahnhof Lichtenberg

Neben dem hinteren Eingang zum Bahnhof Lichtenberg gibt es seit Ende der Kältehilfesaison ein kleines Obdachlosencamp, um das im Bezirk viel diskutiert wird. Ein Platzmanager soll jetzt vermitteln. | Foto: Berit Müller
2Bilder
  • Neben dem hinteren Eingang zum Bahnhof Lichtenberg gibt es seit Ende der Kältehilfesaison ein kleines Obdachlosencamp, um das im Bezirk viel diskutiert wird. Ein Platzmanager soll jetzt vermitteln.
  • Foto: Berit Müller
  • hochgeladen von Berit Müller

Ums Obdachlosencamp am Bahnhof Lichtenberg wird im Bezirk seit Monaten diskutiert. Nun hat das Bezirksamt eine Idee in die Tat umgesetzt, von der schon vor der Teilräumung des Camps im Spätsommer die Rede war. Es bezahlt jetzt einen Platzmanager.

Die angespannte Situation entschärfen und dafür sorgen, dass alle Beteiligten einigermaßen miteinander klarkommen: Was leicht gesagt ist, dürfte Josef Parzinger in den nächsten Wochen und Monaten einiges an Nervenstärke abverlangen. Der studierte Sozialarbeiter ist neuerdings als sogenannter Platzmanager am Bahnhof Lichtenberg unterwegs – ein Lösungsansatz des Bezirks für die viel kritisierte Situation auf dem Vorplatz.

Finanziert wird das Platzmanagement und alle damit verbundenen Kosten vom Bezirksamt – mit jeweils 50 000 Euro in den nächsten zwei Jahren. Angesiedelt ist die Stelle aber beim Betreiber des Tagestreffs für Wohnungslose in der Weitlingstraße 11, dem Humanistischen Verband Deutschlands (HVD). Dort, also vis à vis zum Bahnhofsplatz, hat Parzinger nun ein Büro. Seine neue Aufgabe geht er realistisch an. „Ich bin kein Illusionist“, sagt er. „Natürlich bleibt es oberstes Ziel, dass alle Menschen eine Wohnung haben. Aber das werden wir nicht in ein paar Wochen hinkriegen.“ Es ist auch keine klassische Sozialarbeit, die er leisten wird. Zwar gehören Gespräche mit den Obdachlosen dazu, in erster Linie geht es aber darum, zwischen ihnen und den Bahnhofsnutzern, Anwohnern und Ordnungskräften zu vermitteln.

Camp und Trinkerszene

Das Obdachlosencamp am Ausgang der Unterführung von der Weitling- zur Siegfriedstraße ist Resultat des Kältebahnhofs, zu dem Senat und BVG den Bahnhof Lichtenberg im vorigen Herbst erklärt hatten. Den ganzen Winter über hatten sich dort Menschen ohne Bleibe aufgehalten, die aus den unterschiedlichsten Gründen keine Notunterkünfte aufsuchen wollten – auch nicht bei Eiseskälte. Eine kleinere Gruppe blieb nach Frühlingsbeginn und ließ sich draußen nieder, neben Treppe und Fahrstuhl. Aktuell sind es zwischen 20 und 30 Obdachlose, die dort die Tage und Nächte verbringen. In den Sommermonaten kam noch hinzu, dass der Platz zu einem Treff für die Trinkerszene wurde – eine problematische Entwicklung.

Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke) berichtet von etwa 50 Beschwerden, die im Rathaus eingegangen seien. „Es ging um Lärmbelästigung, besonders spätabends und nachts, vor allem aber auch um den öffentlichen Alkohol- und Drogenkonsum.“ Ferner hätten die Leute über eine – wenn auch subjektiv beschriebene – allgemeine Angstatmosphäre und die Verwahrlosung des Bahnhofsvorplatzes geklagt.

Das Bezirksamt reagierte zunächst, indem es die Fahrradständer und den Aufzug freiräumen ließ. Vom Platzmanagement erhofft es sich nun weitere Entspannung. Josef Parzinger übernimmt die Rolle des Ansprechpartners: für Fahrgäste, Anwohner und Gewerbetreibende – aber auch für das Ordnungsamt, die Polizei, die Deutsche Bahn und die Stadtreinigung. Im Prinzip fungiert er als wandelnder Kommunikator mit dem Auftrag, Brücken zu bilden. „Ich werde sehr viel unterwegs sein und viel reden“, weiß er schon. Erste Gespräche hat er bereits geführt, sein Eindruck: durchaus positiv. Besonders die Eltern der nahegelegenen Robinson-Schule hätten besonnen und offen reagiert, erzählt Parzinger. So wird er auch weiterhin zuhören, Beschwerden aufnehmen, Bedarfe ermitteln, um anschließend mit allen Gruppen Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Er wird den runden Tisch „Bahnhofsnutzung“ ins Leben rufen – an dem sich Streetworker, Stadtteilkoordination, Ordnungsamt und Polizeiabschnitt austauschen sollen.

Klare Regeln müssen her

Geplant ist zum Beispiel, ein Regelwerk samt Sanktionen zu vereinbaren. Zwei wesentliche Punkte: Müll kommt ausschließlich in die Container, außerhalb der Sanitäranlagen wird nicht uriniert. Bei Verstößen droht ein Platzverbot. Langfristig will das Bezirksamt dank des Platzmanagements eine Strategie entwickeln, die den Brennpunkt Bahnhof dauerhaft entschärft. Und man schaut sich auch weiterhin nach Ersatzflächen für die Obdachlosen um.

Viel Arbeit, die auf Josef Parzinger wartet. „Aber ich mache das ja nicht alleine“, räumt er ein. „Der HVD, die Sozialarbeiter von Gangway und Karuna und viele Ehrenamtliche unterstützen mich dabei.“ Michael Grunst zeigt sich zuversichtlich. Der Bezirk stütze sich auf Erfahrungen ähnlicher Projekte, erklärt er. Am Weddinger Leopoldplatz habe ein Platzmanagement gezeigt, dass eine friedliche Koexistenz von Interessensgruppen mit unterschiedlichen Bedarfen möglich sei. „Wir müssen der brisanten Situation am Bahnhof Lichtenberg begegnen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden. Unser Ziel ist eine höchstmögliche Sozialverträglichkeit im Weitlingkiez.“

Neben dem hinteren Eingang zum Bahnhof Lichtenberg gibt es seit Ende der Kältehilfesaison ein kleines Obdachlosencamp, um das im Bezirk viel diskutiert wird. Ein Platzmanager soll jetzt vermitteln. | Foto: Berit Müller
Josef Parzinger ist neuer Platzmanager am Bahnhof Lichtenberg. In dieser Funktion arbeitet er eng mit Maria Richter zusammen, Koordinatorin beim Humanistischen Verband Deutschlands und Leiterin dessen Tagestreffs für Wohnungslose. | Foto: Berit Müller
Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

5 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 851× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 364× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 695× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 774× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 348× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.