Undine hilft Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind
Mike Linhard kennt sein Einzugsdatum in das Wohnprojekt noch genau: "Das war der 23. August 2011. Ich war erleichtert, endlich wieder einen Raum für mich zu haben." Nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin wollte er in eine neue Bleibe ziehen. Doch die Suche scheiterte. Es kamen Suchtprobleme dazu. Linhard drohte, in die Obdachlosigkeit zu rutschen.
Dann wurde ihm zum Glück das Wohnprojekt in der Hagenstraße 57 empfohlen: "Ich habe nur drei Wochen auf einen Platz gewartet." Es waren Sozialarbeiter wie die Einrichtungsleiterin Angelika Engel und Therapeuten, die dem Mann wieder auf die Beine geholfen haben. "Ich suche mir jetzt eine eigene Wohnung in Buch, ich möchte in der Nähe meiner erwachsenen Tochter sein", sagt Linhard und wirkt sehr optimistisch.
"Die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Berlin spitzt sich zu. Das macht es Wohnungssuchenden mit finanziellen und persönlichen Problemen nicht einfacher. Es wird ganz schön ausgesiebt", weiß Regina Penske. Vor fast 20 Jahren gründete sie zusammen mit anderen Frauen des Sozialwerkes des Demokratischen Frauenbundes Berlin das Wohnprojekt "Undine". Der Name steht für "Unter normalem Dach individuell Neues erleben" steht. "Wir haben Platz für 40 Bewohner, doch beraten und begleiten wir auch bei der Suche nach Wohnungen außerhalb des Projektes", sagt Penske, deren jahrelanges Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz und kürzlich mit der Ehrenurkunde des Bezirkes Lichtenberg ausgezeichnet wurde.
Sie hält Kontakte zu den städtischen Wohnungsbaugesellschaften, allen voran die Howoge. Denn Ziel des Projektes ist es, dass die Betroffenen eine ganz gewöhnliche Wohnung mieten können. "Unser Klientenstamm hat sich über die Jahre verändert. Waren es vor zehn Jahren überwiegend Männer zwischen 40 und 50 Jahren, die zu uns kamen, sind es heute auch viele junge Menschen", erklärt Penske.
Fünf Sozialarbeiter stehen den Hilfesuchenden im Projekt zur Seite. Angelika Engel: "Die meisten haben Suchtprobleme, bei den älteren ist es der Alkohol, bei den jüngeren sind es weiche und bisweilen auch harte Drogen. Sie schaffen es nicht, sich aus eigener Kraft dem Teufelskreis zu entziehen, der die Obdachlosigkeit bringt", sagt Engel. Sie berät über Therapiemöglichkeiten, um die Suchtprobleme in den Griff zu bekommen und leitet weiter an die Schuldnerberatung, wenn die Finanzen geregelt werden müssen.
Viele verdrängen die missliche Lage, lassen wichtige Briefe ungeöffnet liegen. "Mietschulden sind das schlimmste Problem. Und Schufa-Einträge." Die Betroffenen ziehen dann erst mal umher, wohnen mal bei Freunden, mal bei Angehörigen. "Das wirkt sich auch psychisch auf die Menschen aus. Sie sind ständig in Unruhe, das macht sie letztendlich krank", weiß Engel. Die Unruhe wird dann meist mit Drogen gedämpft. "Manche landen dann nach ihrer dritten Zwangsräumung schließlich bei uns."
Voraussetzung für die Aufnahme in das Projekt: Die Hilfesuchenden müssen willens sein, an der Lösung ihrer Probleme mitzuwirken. "Einige verlassen uns schon nach einem halben Jahr. In der Regel dauert es jedoch zwei Jahre, bis ein Betroffener wirklich wieder auf eigenen Beinen stehen kann", sagt Angelika Engel.
Das Haus in der Hagenstraße 57 sei eine Anlaufstelle für jedermann, betont die Mitbegründerin Regina Penske. "Niemand wird abgewiesen. Wir haben eine kostenlose Sozial-, Integrationsberatung und Rechtsauskunft, die von Betroffenen genutzt werden kann, bevor etwas passiert."
Im Erdgeschoss des Hauses befindet sich der Nachbarschaftstreff des Vereins. Hier nutzen Anwohner aller Couleur Angebote wie Entspannungssport für Senioren, Basteln oder Computerkurse. Auch ein kleines Bistro gibt es. "Wir sind ein Haus der offenen Türen", sagt Penske und freut sich schon auf dem 8. Juli. Dann findet das traditionelle Sommerfest der "Undine" statt, zu dem alle Nachbarn eingeladen sind.
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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