Wenn der Kiez krank macht: Medizinstudenten untersuchten das Nibelungenviertel
Lichtenberg. Wie beeinflusst das Lebensumfeld die Gesundheit der Bewohner? Diese Frage stellte sich ein Dutzend Studierender der Charité-Universitätsmedizin und untersuchte den Nibelungenkiez.
Künftige Ärzte lernen nicht nur, mit dem Stetoskop den menschlichen Körper zu untersuchen. Auch der Kiez ist bei den Studierenden des sechsten Semesters der Charité-Universitätsmedizin neuerdings Untersuchungsgegenstand. Was künftige Ärzte in anderen Ländern längst im Studium lernen, scheint auch in Deutschland langsam Fuß zu fassen.
„Gerade das soziale Umfeld spielt eine große Rolle, wenn es um die Gesundheit der Menschen geht: Von den Wohnbedingungen über die Arbeit bis hin zur medizinischen Versorgung vor Ort und der Kinderbetreuung“, sagt Dr. Wolfram Herrmann vom Institut für Allgemeinmedizin der Charité. Er leitete als Dozent das Wahlpflichtfach "Kiezmedizin erleben und gestalten", das erstmals den Studierenden angeboten wurde. Mit viel Neugier und vielen Fragebögen ausgestattet, haben rund ein Dutzend Studenten der Allgemeinmedizin der Charité die Bedingungen für Gesundheit oder Krankheit im Nibelungenkiez untersucht.
„Gerade das Nibelungenviertel eignet sich für eine Untersuchung der Einflüsse auf die Gesundheit, da dieses Gebiet eine große Bandbreite an medizinischen Versorgungsangeboten hat und sozial durchmischt ist“, erklärte Herrmann. Hier gibt es mit Einfamilienhäusern eine gutbürgerliche Gegend, daneben normale Mietshäuser, aber auch sozial schwache Gebiete. Als Lichtenberger kennt Herrmann den Ortsteil gut und schlug ihn deshalb für die Feldforschung seinen Studenten vor.
Sie haben ihre Forschungen auf wenige Bereiche konzentriert und untersuchten die Angebote für Kinder- und Jugendmedizin, darunter die Verfügbarkeit von Kinderärzten, aber auch die Versorgung für Obdachlose. Im Ergebnis konnten sie so die wichtigsten Problemlagen des Kiezes erörtern: „Was die Versorgung mit Kinderärzten angeht, unterscheidet sich der Kiez in seinen Statistiken und Vergleichszahlen nicht von anderen Vierteln. Die subjektive Wahrnehmung der Eltern ist jedoch anders: sie spüren einen Mangel“, fasst Herrmann das Ergebnis der Untersuchung zusammen.
Bei den Angeboten für Obdachlose stellten die Studierenden ebenfalls Verbesserungsbedarf fest: Es gibt zwar Angebote wie beispielsweise Sozialberatung und Treffs, doch könnten geeignete Schließfächer oder ein Desinfektionszentrum mit ambulanter medizinischer Betreuung das bestehende Angebot noch besser unterstützen. KW
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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