Bäume in Not
Umweltamt rechnet nach Trockensommer mit massiven Schäden am Bestand

Beate Kitzmann und Wilfried Nünthel begutachten die Blätter einer von der Miniermotte befallenen Kastanie im Rathaus-Park. Die Trockenheit in diesem Sommer hat den Bäumen obendrein zugesetzt. | Foto: Berit Müller
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Ferienkinder und Sonnenanbeter hatten am Sommer 2018 sicher wenig auszusetzen, andere Lebewesen litten unter der Hitze mit anhaltender Trockenheit. Den Stadtbäumen beispielsweise hat der wochenlang fehlende Regen enorm zugesetzt. Das Lichtenberger Amt für Umwelt und Naturschutz rechnet mit massiven Schäden unter den circa 70 000 Park- und Straßenbäumen.

Das tatsächliche Ausmaß werde sich erst im kommenden Frühjahr zeigen, sagt Umweltstadtrat Wilfried Nünthel (CDU). „Wir gehen aber davon aus, dass der Baumbestand erheblich gelitten hat – ganz besonders die jungen Bäume.“ So sei zu erwarten, dass die meisten der erst im Vorjahr gepflanzten Exemplare den Trockensommer nicht überlebt hätten. Der Stadtrat erläutert das Dilemma für den Nachwuchs: „Die Wurzeln reichen noch nicht tief genug in den Boden hinein, um sie ausreichend mit Wasser zu versorgen. Der Sommer 2018 hat den Boden soweit ausgedörrt, dass die Wurzeln der jungen Bäume sogar vertrocknet sind.“

Nicht nur die zurückliegende Hitzeperiode, auch das Jahr 2017 trägt seinen Anteil am drohenden Baumsterben. „Unsere Bäume sind extrem gestresst“, erklärt Biologin Beate Kitzmann vom Verein Naturschutz Berlin-Malchow. „Der vergangene Sommer war viel zu nass und dieser nun viel zu trocken.“ So seien durch den vielen Regen im vorigen Jahr Wurzeln in tieferen Bodenschichten abgefault, die nun selbst den älteren Exemplaren fehlen, um ans Wasser zu gelangen.

Zu nass, zu trocken – Resultat der Wetterkapriolen ist, dass die gestressten Schattenspender anfälliger für Krankheiten und Schädlinge werden. Besonders schlecht steht es um die Rosskastanie, die ohnehin seit Jahren unter der gefräßigen Miniermotte leidet. Braun-schrumpelige Blätter schon im Spätsommer sind das deutlichste Zeichen des Befalls, den nur das sorgfältige Beseitigen und Verbrennen des Laubs eindämmen kann. Auch Nässe verdirbt dem Schädling den Appetit, Hitze mag er. „Die Trockenheit gibt den geschwächten Bäumen dann den Rest“, so Beate Kitzmann.

Weil die Klimaexperten mit einer Zunahme solcher Extremwetter-Ereignisse rechnen, gilt es nun, über die Zukunft der Stadtbäume nachzudenken. Andere, weniger empfindliche Gewächse zu pflanzen, wäre eine Variante. „Die meisten Stadtbäume sind recht robust und kommen auch mit negativen Umwelteinflüssen gut zurecht“, so Wilfried Nünthel. „Dennoch müssen wir forschen, welche Sorten sowohl das Extrem-Klima als auch die Stadtverhältnisse aushalten.“

Das Baumsortiment in Städten besteht in der Regel aus Ahorn, Buche, Eiche, Esche, Kastanie, Winter- und Sommerlinde, Ulme und Platane. Letztgenannte fiel in diesem Sommer besonders auf, weil sie ihre Borke in großen Stücken abwarf – in manchen Straßen lagen Rindenflatschen herum, als hätte ein Orkan gewütet. „Wegen der kahlen Äste haben sich viele Menschen Sorgen um die Platanen gemacht“, erzählt Beate Kitzmann. „Tatsächlich sprengen sie ihre Borke aber ab, weil sie besonders schnell wachsen. Verglichen mit anderen Stadtbäumen kommen sie gut mit der Trockenheit klar.“ So ist die Platane im Prinzip für die Zukunft gut gerüstet – allerdings zählt sie nicht zu den heimischen Arten, die Naturschützer eigentlich bevorzugen.

Dennoch testen Experten seit 2011 Baumarten aus Regionen, in denen das Klima bereits heute so ist, wie es für unsere Breiten prognostiziert wird. Denn für ein gutes Stadtklima sind Ahorn, Kastanie und Co unerlässlich. Ein 100-jähriger Laubbaum bindet nach Angaben der Stiftung „Klimawald“ pro Jahr etwa 6300 Kilogramm Kohlendioxid, filtert eine Tonne Staub und Gifte aus der Luft. Gleichzeitig produziert er fast 4,6 Millionen Tonnen Sauerstoff.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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