Absage an geschützten Radweg?
Bezirksamt favorisiert in der Siegfriedstraße herkömmlichen Radstreifen – ohne Poller
Die einen nennen sie „grüne Monster“, die anderen halten sie für ideal, wenn es um mehr Sicherheit für Radfahrer geht. Sogenannte Protected Bike Lanes (PBL), geschützte Radwege also, scheiden die Geister. Als erster Lichtenberger Verkehrsweg sollte die Siegfriedstraße eine solche Spur bekommen. Das Bezirksamt hat sich nun aber dagegen ausgesprochen.
Entwickelt wurden die knallgrün markierten, mit Pollern oder ähnlichen Sperren gesäumten Spuren, um mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. So verhindern sie nicht nur, dass der Radweg zugeparkt wird. Sie bewahren Radler auch vor plötzlich auffliegenden Autotüren, ausscherenden oder überholenden Fahrzeugen und ähnlichen Gefahren. Die Wahl fiel daher nicht zufällig auf die Siegfriedstraße, wo sich Pedalisten zwischen Trams, fließendem Kfz-Verkehr und an den Rändern abgestellten Autos durchschlagen müssen.
Die Senatspläne, im Rahmen eines Modellprojekts den Abschnitt zwischen Bornitz- und Rüdigerstraße mit einem geschützten Radweg zu versehen, waren im Alt-Lichtenberger Kiez aber auf teils massive Kritik gestoßen. Anwohner fürchteten vor allem um ihre Parkplätze, die der Spur tatsächlich weichen müssten. Auch die wegfallenden Haltemöglichkeiten für Rettungsfahrzeuge wurden thematisiert.
Auswirkungen auf das Umfeld
Auf der Tagesordnung der ersten Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) nach der Sommerpause am 22. August steht nun eine Vorlage zur Kenntnisnahme, mit der das Bezirksamt dem Unternehmen PBL in der Siegfriedstraße im Prinzip eine Absage erteilt. Stattdessen favorisiert das Papier aus der Abteilung von Verkehrsstadtrat Wilfried Nünthel (CDU) einen herkömmlichen Radweg.
Laut dem Bericht kommt ein Radweg in der Siegfriedstraße ohnehin nur infrage, wenn in der Rüdigerstraße die Parkanordnung geändert wird. In der Querstraße müssten Autos senkrecht statt längs parken, was mehr Plätze schaffe und einen Teil der entfallenden Parkstände kompensieren könnte. Und: Bei einem normalen Radstreifen würden deutlich weniger Stellplätze wegfallen, weil es Parktaschen gäbe. Eine mit Pollern gesäumte Version erlaubt solche Buchten nicht. Die Vorlage verweist zudem auf „Beeinträchtigungen im Verkehrsablauf“, die eine geschützte Variante zur Folge haben würde – etwa, wenn Einsatzfahrzeuge wegen der Poller nicht auf der Radspur, sondern unter Umständen auf den Tramgleisen halten müssten.
Die Lichtenberger Bündnisgrünen haben die Bezirksamtsvorlage schon im Vorfeld der BVV-Tagung kritisiert. „Das ist im Wesentlichen eine Aufstellung über Parkplätze“, sagt der Kreisvorsitzende Philipp Ahrens. „Das Mobilitätsgesetz sieht aber klar einen Vorrang für den fließenden Verkehr vor. Wie kann der Bericht dann Grundlage für eine Entscheidung sein?“
Das Problem sind nicht Poller, sondern Parker
Nach Auffassung der Grünen hätte das Bezirksamt viel eher untersuchen müssen, wie sich der Bau einer geschützten Radspur auf die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer auswirkt. Dazu sei im Bericht aber wenig bis nichts zu finden, so Ahrens. „Zu erwarten wäre in dem Fall doch, dass der Verkehrsfluss deutlich verbessert wird, da Radfahrende sich die Fahrbahn nicht mehr mit Autos, Straßenbahn und Bussen teilen müssten. So würden alle schneller und sicherer vorankommen.“
Auch den Verweis auf Behinderungen durch haltende Rettungsfahrzeuge lässt der Kreisvorsitzende nicht gelten. „Es gibt flexible Schutzpoller, die im Notfall von Feuerwehr und Krankenwagen überfahren werden können. Manche lassen sich sogar mit der Hand umdrücken. Außerdem parken dort, wo der geschützte Radweg sein soll, jetzt ständig Autos. Das macht es für Einsatzkräfte doch erst recht unmöglich, am Rand zu halten.“
Über die Vorlage zur Kenntnisnahme wird nun in diversen Gremien diskutiert. Für die Bündnisgrünen ist das Thema nicht vom Tisch. „Der Bericht lässt viele Fragen offen, die das Bezirksamt beantworten muss“, sagt Ahrens.
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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