Sandfloh trifft Riesenföhn: Regionalzüge der Deutschen Bahn sind jetzt winterfest
Lichtenberg. Schnee, Sturm, Eis - so heißen die natürlichen Feinde des Schienenverkehrs. Bei Wetterkapriolen ist die Deutsche Bahn oft machtlos. Dabei betreibt sie einigen Aufwand, damit ihre Kunden auch bei widriger Witterung von A nach B gelangen. Die Bahntochter DB Regio Nordost hat ihre Regionalzüge bereits für den Winter rüsten lassen.
Draußen zeigt der Herbst gerade erst seine unbehagliche, nieselgraue Seite. Drinnen, in den Werkstätten von DB Regio Nordost an der Buchberger Straße, hat sich Anfang November schon längst Kollege Winter eingestellt. Zumindest, was den Wartungszustand der roten Züge betrifft, die in den Hallen pausieren. Seit Wochen arbeiten die Techniker der DB Regio an der „Winterfestmachung“ ihrer Bahnflotte. Denn die muss abgehakt sein, bevor der erste Schnee fällt.
Die DB Regio Nordost fährt mit 550 Zügen auf rund 4000 Streckenkilometern durch Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Gewartet, repariert und für die jeweilige Jahreszeit fit gemacht wird ein Teil der Regionalbahnen in den Werkstätten am Bahnhof Lichtenberg. Dort ist vor allem das Winterprogramm im Vorfeld frostiger Temperaturen umfangreich.
Stundenlang sind die Techniker allein damit beschäftigt, alle Kupplungen und Türgummis einzufetten. Dann befüllen sie die Bremssand-Behälter der Züge mit dem sogenannten Sandfloh - einer Maschine samt flexiblem Tankschlauch, über den Quarzsand in eine Luke am Wagon rieselt. „Sand erhöht den Reibegrad der Räder“, erklärt Björn Rothe, Standortverantwortlicher in den Lichtenberger Werkstätten.
„Ausreichende Vorräte sind im Winter wichtig, wenn die Haftung zwischen Schiene und Rad abnimmt.“ Einen gründlichen Funktionstest gibt es zudem auch für Dutzende Abtauanlagen, die DB Regio bereitstellt. Die riesigen Heizlüfter, die wie überdimensionale Föhne aussehen, brauchen die Wartungsarbeiter, wenn Teile des Fahrsystems eingefroren sind.
Eine Extra-Portion Fett bekommen die Züge sowohl unten als auch oben ab. „Das Dach ist eine der anfälligsten Stellen am Zug“, sagt Björn Rothe. „Vor allem an Tagen mit Raureif oder Schnee, denn Feuchtigkeit bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ist Gift für die Stromabnehmer. Klirrende Kälte – solange trocken – halten sie besser aus.“
Neben den Zügen müssen auch Schienen und Weichen der Witterung standhalten. „Die Vorbereitungen für den Winter beginnen jeweils schon im Dezember des Vorjahres mit der Bedarfsermittlung und enden mit dem Abschluss des Probeheizens der Weichen am 31. Oktober“, berichtet Burkhard Ahlert, Pressesprecher der Deutschen Bahn AG.
Von 6000 Weichen in der Region Nordost verfügen 5878 über eine Heizung – eine Quote von 98 Prozent. Streikt eine Gleisgabelung dennoch, schickt die Bahn Räumkräfte hin. 2520 Frauen und Männer seien allein im Nordosten des Landes zu Spitzenzeiten im Einsatz, um Weichen funktionsfähig und Gleisanlagen befahrbar zu halten, so der Bahnsprecher.
Damit ist der Winterdienst der Deutschen Bahn aber nicht erledigt. So muss das Unternehmen bei Schneefall und/oder Eis landesweit für geräumte, gestreute Bahnhöfe sorgen; bei Minusgraden seine Züge vorheizen und die Loks mit Frostschutzmitteln versorgen lassen. Außerdem hält sie rund um die Uhr Schneepflüge einsatzbereit. Spezielle Schulungen für angestellte und freiwillige Räumkräfte zählen ebenfalls zum Programm. Insgesamt gibt die Deutsche Bahn für den Winterdienst landesweit rund 70 Millionen Euro aus. bm
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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