Rieseninvestition in Berlins digitale Zukunft
Bluestar-Rechenzentrum entsteht auf einer Brache nahe der Landsberger Allee
Es ist ein hügliges Gelände mit viel Wildwuchs. Mittendrin stehen einige Bienenkästen. Und dann ist noch ein abgewrackter Bauwagen zu entdecken. Kaum vorstellbar, aber wahr: Hier soll Berlins größtes Rechenzentrum und nach Stand der Dinge das fünftgrößte in Deutschland überhaupt entstehen.
Umgesetzt wird dieses Vorhaben vom Projektentwickler PREA gemeinsam mit dem niederländischen Investor Family Office Van Caem. Vor wenigen Tagen gab es den Startschuss für das gewaltige Projekt. Die Brachfläche, die sich zwischen dem Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge, Globus Baumarkt und IKEA an der Landsberger Allee befindet, hat die offizielle Adresse Rhinstraße 139. Sie liegt allerdings etwas abseits neben dem Selgros-Markt. Das Grundstück gehörte viele Jahre der Republik Vietnam, ehe es der Niederländer Harry van Caem mit seinem Unternehmen im Jahr 2015 erwarb.
„Ursprünglich war geplant, hier ein Quartier mit Wohnungen und Gewerbe entstehen zu lassen“, berichtet Harry van Caem. Doch Bezirksamt und Senat lehnten das ab. Zum einen wäre es schwierig gewesen, das Grundstück auf Grund seiner Lage verkehrlich zu erschießen. Zum anderen befindet es sich in einem Gewerbegebiet. Deshalb empfahl man dem Investor, eine Gewerbeimmobile zu bauen. Die Entwicklung übernahm die PREA Group. „Wir hatten bereits einen Mieter“, berichtet Gabriel Khodzitski, CEO von PREA. „Doch dann begann die Corona-Pandemie und der Mieter sprang ab.“
Khodzitski machte etwa vor zweieinhalb Jahren Investor Harry van Caem den Vorschlag, auf dem Grundstück ein Rechenzentrum zu errichten. Das würde zwar teurer im Aufbau, sich aber perspektivisch und vor allem nachhaltig rechnen. Denn mit Blick auf die voranschreitende Digitalisierung werde weit mehr Rechnerkapazität in Deutschland benötigt, als derzeit vorhanden ist.
Das bestätigt auch Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) zum Start des Projekts. Fachleute gehen derzeit von einer Verdreißigfachung des Datenvolumens in den kommenden Jahren aus. Deshalb wird das Land Berlin möglichst rasch auch seine Glasfaserinfrastruktur ausbauen, damit Daten schneller übertragen werden können. Derzeit liegt der Anteil der Glasfaser-Infrastruktur bei 20 Prozent. Bis 2028 will Berlin eine hundertprozentige Umstellung im gesamten Stadtgebiet erreicht haben.
Schnelle Internetverbindungen sind auch wichtig für das entstehende Rechenzentrum, denn Daten müssen möglichst rasch hierher transportiert werden und von hier wieder abrufbar sein. Doch was ist eigentlich ein Rechenzentrum? Gabriel Khodzitski versucht es mit einer simplen Erklärung: Wenn man an jemanden einen Brief schreibt, wird dieser nicht von Haus zu Haus an ihn ausgeliefert. Der Brief wird in einen Briefkasten gesteckt, kommt in ein Verteilerzentrum, geht von an den zuständigen Briefträger und dieser steckt ihn in den Briefkasten des Empfängers. Im Prinzip übernimmt das Rechenzentrum die Aufgabe des Briefverteilungszentrums, aber eben digital. Außerdem können im Rechenzentrum große Mengen Daten gespeichert werden.
Bei den Prozessen entsteht auch Wärme. Die wird im neuen Rechenzentrum allerdings nicht an die Luft abgegeben, sondern soll zur Versorgung von Wohnungen und Gewerbeimmobilien genutzt werden, berichtet Gabriel Khodzitski. Mit dieser Wärme könnten Berechnungen zufolge zwei Millionen Quadratmeter Wohnfläche beheizt werden. Noch wird geprüft, ob die Wärme in das Netz eines Berliner Anbieters eingespeist oder vom Investor selbst Kunden zur Verfügung gestellt wird.
Das neu entstehende Rechenzentrum erhält den Namen Bluestar, erklärt Gabriel Khodzitski. „Blau ist für uns die Farbe der Nachhaltigkeit“, so der Projetentwickler, denn angestrebt wird die Platin-Zertifizierung der Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Geplant ist die Fertigstellung bis 2026. Nach Stand der Dinge wird Investor Family Office Van Caem dann etwa eine Milliarde Euro investiert haben. Teuer an diesem Projekt seien nicht die gewerblichen Bauten, sondern die ganze Technik, erklärt Harry van Caem mit Blick auf die immense Investition. Zur Inbetriebnahme sind eine Leistung von 100 Megawatt und eine Aufnahmekapazität von 69,5 Megawatt geplant. Das heißt, dass hier die Daten von rund zehn Millionen Office-Arbeitsplätzen verarbeitet werden können.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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