Alte Mälzerei wird bezugsfertig
Bau von Wohnungen und Gemeischaftseinrichtungen beginnt 2021
„Wir sind auf der Zielgeraden“, sagt Thomas Bestgen, Chef der UTB Projektmanagement GmbH. Er rechnet damit, dass die oberen Etagen der Alten Mälzerei an der Steinstraße 41 noch in diesem Monat fertig werden. Mit dem Wohnungsbau rundherum soll es dann 2021 losgehen.
Das Zentrum für Gesundheitssport hat bereits im April eine Etage des sechsstöckigen Industriebaus bezogen – um fast sofort wegen der Corona-Krise zu schließen. Inzwischen läuft der Betrieb wieder. Das vierte Obergeschoss nutzt eine Planungsgesellschaft, eine Etage höher gibt es weitere Büroflächen.
Rund 60 Prozent der rund 5700 Quadratmeter Nutzfläche mietet der Bezirk. Bestgen sagt, er habe einen „hohlen Vogel“ zur Verfügung gestellt. Sprich: Die UTB sorgte für die elementaren Dinge wie Heizung und Lüftung, der Innenausbau liegt aber in den Händen des Bezirks. Einziehen werden die Musikschule, das Kindermuseum, die Volkshochschule und die Stadtteilbibliothek. Bei Letzerer klemmt es allerdings. Bei einer anspruchsvollen Stahlkonstruktion machte die Baufirma Fehler in der Statik, ein Stopp wurde verhängt. „Das hat ein halbes Jahr gekostet“, sagt Bestgen.
Es gibt überdies einen 100 Quadratmeter großen „Allmenderaum“ für Lesungen, Kinoabende, Konzerte, Versammlungen oder private Feiern. Bestgen wünscht sich, dass sich ein Verein gründet, der hier die Regie übernimmt. Eingerichtet wurden auch zwei Profiküchen. Eine ist für Volkshochschulkurse gedacht, die andere für die Suppenküche Lichtenrade – Austausch und Zusammenarbeit erwünscht. Aber nicht alle Flächen sind schon fest verplant, schließlich würden ja in den nächsten Jahren neue Menschen mit neuen Ideen herziehen, so Bestgen. „Das Gebäude soll keine Burg sein, sondern offen und sieben Tage in der Woche belebt.“
Die meisten Anwohner waren schon einmal in der Alten Mälzerei. Seit Thomas Bestgen sie vor vier Jahren kaufte, hat es nicht nur viele Gespräche und Workshops mit Bürgerinitiativen gegeben, sondern auch Begehungen. „Vorher konnten die Leute ja nicht rein“, sagt er. Tatsächlich verarbeitete die Schloßbrauerei Schöneberg hier nur von 1898 bis 1929 Gerste zu Malz. Danach stand der riesige Bau weitgehend leer. Teile dienten als Lager, erst für Proviant der Wehrmacht, während des Kalten Krieges für die Berliner Senatsreserve.
Das Gebäude ist denkmalgeschützt, Bestgen musste ungezählte Auflagen akzeptieren, viele erfüllte er gern. Denn auch persönlich legt er Wert auf Bewahrung der Historie. So sind auf jeder Etage Teile alter Anlagen zu sehen, so wie die „Heiße Sau“, das ist eine riesige Heizung zum Trocknen der Gerste, das Becherwerk oder die Förderschnecke. Der Denkmalschutz schloss übrigens Wohnen von Anfang an aus. „Sieben Prozent Fensterfläche sind zu wenig“, so Bestgen. Nur an einer Giebelseite durfte er größere Glasflächen schaffen.
Aufmerksam auf das imposante Bauwerk sei er durch einen Makler geworden, „ganz profan“, sagt er. Bald war ihm klar: Es sollte zum Wahrzeichen des rund zweieinhalb Hektar großen „Lichtenrader Reviers“ werden, das in seinem Kopf erste Formen annahm. Denn die eigentliche Kernaufgabe seines Unternehmens ist nicht das Sanieren, sondern die nachhaltige Entwicklung von neuen Stadtquartieren. Ein Beispiel ist in Schöneberg zu sehen: die feuerroten Häuser, die entlang der S-Bahntrasse zwischen Monumentenbrücke und Dudenstraße stehen.
Was ist auf dem Lichtenrader Areal geplant? „Alle Zäune kommen weg, unser privates Land wird öffentlich, mit Plätzen und neuen Wegen“, sagt Bestgen.
Die vier Neubauten sollen im Durchschnitt vier Geschosse haben und rund 200 Wohnungen. Thomas Bestgen wünscht sich eine Holzbauweise. Es bleibt aber zu diskutieren, ob sich das mit den zu erwartenden Erschütterungen durch die Dresdner Bahn verträgt. Die „Wohnscheibe“ aus den 1970er-Jahren mit ihren gut 50 Ein- und Zweizimmerwohnungen wird nach und nach saniert und um ein Geschoss aufgestockt. Außerdem ist ein Anbau mit einem Bioladen geplant.
Der Supermarkt an der Steinstraße verschwinde schon bald, Rewe habe zum Jahresende gekündigt, um nach Schönefeld zu ziehen, so Bestgen. Ein neuer Markt werde aber in einem der Neubauten integriert, Rewe habe eine feste Zusage für 2023 gemacht.
Auch das Landhaus Lichtenrade gehört zum Besitz der UTB. Die Fassade ist bereits auf Vordermann gebracht. Bestgen rechnet damit, dass es ab der nächsten Saison für eine Zwischennutzung zur Verfügung steht. Mittelfristig soll ins Erdgeschoss wieder Gastronomie einziehen, in die obere Etage eine Pension oder Gästewohnungen. Einige weitere Vorhaben im Dreh: ein kleines Schwimmbad mit Sauna, Einzelhandel, eine Kita, eine Fahrradstation mit Werkstatt.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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