Eigentümer ist nicht erreichbar
Bezirk könnte gegen Verfall der Postagentur Zwangsmaßnahmen durchsetzen

Die historische Postagentur droht zu verfallen. Der Eigentümer sieht sie offenbar als Spekulationsobjekt an. | Foto: Patrick Liesener
  • Die historische Postagentur droht zu verfallen. Der Eigentümer sieht sie offenbar als Spekulationsobjekt an.
  • Foto: Patrick Liesener
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

Als Patrick Liesener das erste Mal von der historischen Postagentur hörte, fragte er sich, wo die denn sein soll. Der CDU-Bezirksverordnete wohnt in Lichtenrade und kennt sich gut in der Gegend aus. Den Standort des denkmalgeschützten Bauwerks kannte er trotzdem nicht. Kein Wunder, ist das Gebäude doch völlig zugewachsen.

Sehr schade sei das, weil historische Gebäude eine tolle Ausstrahlung hätten. Im vergangenen Jahr hat Liesener deshalb einen Antrag in die BVV eingebracht. Er wünscht sich, dass in die Postagentur neues Leben einzieht. „Es ist ja irgendwie absurd, dass man es über Jahrzehnte nicht schafft, ein denkmalgeschütztes Gebäude wieder einer sinnvollen neuen Nutzung zuzuführen“, sagt er. Bereits bei der Aufnahme in die Denkmalliste im Jahr 1995 zeigte das Bauwerk Verfallserscheinungen. „Seinerzeit wurde eigentümerseitig ein Abriss mit anschließender Neubebauung angestrebt“, berichtet Stadtrat Jörn Oltmann (Grüne). Ein Kostenvergleich habe damals einen deutlichen wirtschaftlichen Vorteil für eine Neubebauung anstelle einer Sanierung erkennen lassen. „Dennoch wurde, ohne dass es zu förmlichen Antragsverfahren kam, seitens der Denkmalschutzbehörden deutlich signalisiert, dass an einem Erhalt festgehalten werde.“

Typisch fürs 19. Jahrhundert

Dass das sogenannte Büdnerhaus Alt-Lichtenrade 81 erhaltenswert ist, lässt sich den Daten des Landesdenkmalamts entnehmen. Demnach ist es um 1840 vom Schneidermeister Carl Schulze errichtet worden, zwei Jahre nach Fertigstellung der Chaussee von Berlin nach Cottbus. Diese verbesserte die wirtschaftliche Lage der Dorfbewohner, sodass sich in Lichtenrade Handwerker, Gewerbetreibende und Händler ansiedelten und vom Durchreiseverkehr lebten. „Das einstöckige, traufenständige Gebäude mit Satteldach zeigt, wie die ländlichen Wohnbauten vor der Mitte des 19. Jahrhunderts aussahen“, so das Landesdenkmalamt. Die Postagentur für Lichtenrade war in dem ursprünglichen Wohnhaus von 1893 bis 1904 eingerichtet.

Der neue Eigentümer hat offenbar jedoch kein Interesse daran, den historischen Wert zu bewahren. Laut Jörn Oltmann ist das Haus 2012 an eine Gesellschaft mit Sitz in Großbritannien veräußert worden. „Mehrfache Versuche der Kontaktaufnahme blieben ohne Reaktion“, berichtet der Stadtrat. „Das Bezirksamt hat zwischenzeitlich, soweit dies durch Außenbesichtigung möglich war, geprüft, welche Mindestmaßnahmen zur Sicherung des Gebäudes vor weiterem Verfall erforderlich sind. Nach derzeitigem Stand der Erkenntnis ist dies insbesondere die Sicherung gegen Witterungseinflüsse (Dach, Fenster, Wasserabflüsse).“ Eine für Ende März dem Eigentümer angekündigte Besichtigung des Inneren sei ohne Reaktion geblieben, hätte aufgrund der Pandemie jedoch nicht stattfinden können.

Sanierungen auf Kosten des Eigentümers

Oltmann signalisiert jedoch Handlungsbereitschaft. Nach personellen Engpässen sei die Untere Denkmalschutzbehörde inzwischen aufgestockt worden. „Beabsichtigt ist, nunmehr in der Vergangenheit unbearbeitete Vorgänge geringerer Priorität fortzuführen.“ Dazu zählt auch die Postagentur. „Angesichts der offensichtlichen fehlenden Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümerseite könnten die Androhung und Anwendung von Zwangsmaßnahmen, bis hin zu einer Ersatzmaßnahme, erforderlich werden.“ Das würde bedeuten, dass das Bezirksamt dringende Arbeiten zum Erhalt selbst erledigen und dem Eigentümer in Rechnung stellen würde. „Da Verwaltungszwangsverfahren sich erfahrungsgemäß lange hinziehen können, kann ein schneller Erfolg leider nicht in Aussicht gestellt werden“, erklärt der Stadtrat.

Patrick Liesener hat sich vorgenommen, das Thema im Auge zu behalten und nun alle paar Monate dazu einen Statusbericht abzufragen. „Es ist wichtig, dass der neu angestoßene Prozess zum Erhalt der Lichtenrader Postagentur nicht wieder zum Erliegen kommt. Ich erwarte von der Denkmalschutzbehörde und dem Bezirksamt, dass man auch vor Zwangsmaßnahmen und möglichen Rechtsstreitigkeiten nicht zurückschreckt. Bezirk und Land müssen hier Hand in Hand arbeiten. Das Gebäude und seine Geschichte sind zu wertvoll, als es weiterhin dem Verfall preiszugeben“, sagt er.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 860× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 376× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 708× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 781× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 355× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.