Gefangen in der eigenen Wohnung: Ehepaar streitet wegen Schimmel mit Vermieterin

Carola und Achim Meuser vor der offenen Fassade in der Bernauer Straße. Das linke Fenster gehört zu ihrer Küche, wo sich der Schimmel ausgebreitet hat. | Foto: Philipp Hartmann
2Bilder
  • Carola und Achim Meuser vor der offenen Fassade in der Bernauer Straße. Das linke Fenster gehört zu ihrer Küche, wo sich der Schimmel ausgebreitet hat.
  • Foto: Philipp Hartmann
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

In der Haut von Carola und Achim Meuser möchte niemand stecken. Das Paar leidet seit fast zwei Jahren an Schimmel in der Wohnung. Sie wollen daher schon seit Langem umziehen. Dafür fehlt ihnen jedoch ein wichtiges Dokument ihrer Vermieterin, das diese nicht ausstellen will. So hat sich ein kräftezehrender Rechtsstreit zwischen beiden Parteien entwickelt.

Als die Meusers im Juli 2016 in ihre Parterre-Wohnung in der Bernauer Straße einzogen, ahnten sie noch nicht, dass damit ein Albtraum für sie beginnen würde. Zu diesem Zeitpunkt wurde gerade die Außenfassade des Wohnhauses saniert, die Arbeiten jedoch kurz darauf eingestellt. Laut Vermieterin gab es Probleme mit der Baufirma. Geändert hat sich bis heute nichts. Die Fassade ist noch immer ein „löchriger Käse“, wie es Carola Meuser nennt.

Bereits wenige Monate nach ihrem Einzug bemerkte das Paar erste Schimmelbildungen im Schlaf- und Wohnzimmer. Ihre Vermieterin sah dies durch fehlendes Lüften begründet. „Sie hat sich Null gerührt“, sagt Achim Meuser. Er schaltete daher einen Anwalt ein. Im Herbst 2017 entschied das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, dass das Paar wegen des Schimmels die Miete mindern durfte.

Hochgradig giftig

Durch einen Spezialisten ließ die Vermieterin diesen anschließend entfernen. Währenddessen jedoch hatten die Meusers bereits die nächste Quelle entdeckt. Diesmal war die Rückwand ihrer neuen Einbauküche betroffen. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger untersuchte die Wohnung und erstellte im Juli 2018 ein Gutachten. Ergebnis: „Die Schimmelpilzbildung ist auf die mangelhafte Abdichtung der Fenster und die fehlende Wärmedämmung der Außenwände zurückzuführen.“ Schlechtes Lüften als Ursache war damit vom Tisch und die Ahnung der Meusers bestätigt. Ein Schock war, dass der Gutachter Spuren einer hochgradig giftigen Schimmelsorte ermitteln konnte, die zu Allergien, Lungeninfektionen und sogar Krebserkrankungen führen kann.

Seit Längerem schon befanden sich die Meusers wegen Hustenanfällen in ärztlicher Behandlung. Für sie kam jetzt nur noch der Auszug infrage. Wegen der Unannehmlichkeiten in ihrer Wohnung hatten sie bereits über Monate der Vermieterin absichtlich zu wenig Miete gezahlt. „Was sie gemacht hat, ist für uns schon Körperverletzung“, begründet Achim Meuser diesen Schritt. Das Paar will seine Vermieterin dazu bringen, ihnen entgegenzukommen.

Stattdessen wurde ihnen dies bei der Suche einer neuen Bleibe zum Verhängnis. „Dreimal hätten wir in Lichtenrade schon eine Wohnung haben können, doch es scheiterte immer daran, dass wir keine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung vorlegen konnten“, so das Paar. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs sind Vermieter nicht verpflichtet, diese ihren ausziehenden Mietern auszustellen. Damit sollte auch der um sich greifenden Praxis, diese von Mietinteressenten zu verlangen, ein Riegel vorgeschoben werden. Die Realität sieht jedoch anders aus – und die Meusers sitzen in ihrer Wohnung fest.

Verhärtete Fronten

Sie würde sich „freuen, wenn das Paar endlich ausziehen würde“, erklärt die Vermieterin am Telefon. „Erstmal müssen sie aber noch ihre Mietschulden begleichen. Außerdem glaube ich nicht, dass sie wirklich ausziehen werden. Wenn sie mir das schriftlich garantieren, würde ich ihnen die Bescheinigung sofort ausstellen.“

Es ist eine bizarre Situation. Gerichte und Anwälte verhandeln derzeit, welche Partei der anderen wie viel Geld schuldet. Von sich aus wollen die Meusers ihre einbehaltene Miete nicht nachzahlen, denn durch den schimmelbedingten Umzug kämen hohe Zusatzausgaben auf sie zu. „Es kann nicht sein, dass wir auf all den Kosten sitzenbleiben, während unsere Vermieterin kassiert“, so Achim Meuser.

Carola und Achim Meuser vor der offenen Fassade in der Bernauer Straße. Das linke Fenster gehört zu ihrer Küche, wo sich der Schimmel ausgebreitet hat. | Foto: Philipp Hartmann
So sah im November 2017 die Rückwand des Schreibtischs aus, an dem Achim Meuser gearbeitet hat. Heute klagt er über Hustenanfälle. | Foto: privat
Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 89× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 42× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 453× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.053× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.