Lortzingclub auf den Spuren seiner Geschichte
Lichtenrade. Der Lortzingclub ist eine Institution am südlichen Stadtrand. Generationen von Lichtenradern haben in den vergangenen fast 70 Jahren einen guten Teil ihrer Kindheit und Jugendzeit in der Einrichtung verbracht. Aber das Haus hat noch eine andere Geschichte.
Das Haus wurde 1939 als herrschaftliches Wohnhaus für den Ingenieur Paul Bartel auf dem Grundstück Lortzingstraße 16 erbaut, einen führenden Funktionär der Organisation Todt, die während der Nazizeit Hunderttausende Zwangsarbeiter in Rüstungsprojekten und beim Autobahnbau beschäftigte. Im April 1945 wurde die Villa, damals noch mit einem Schwimmbad, von der sowjetischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und in ein Jugendzentrum umgewandelt. Einige Wochen später wurde sie von der US-Besatzungsmacht übernommen und als Offizierscasino genutzt, bis das Haus 1948 schließlich zu dem bis heute bestehenden Kinder- und Jugendclub wurde. 1953 ging es in die Verwaltung des Bezirksamts Tempelhof über. 1959 hat der Bezirk dem Immernoch-Eigentümer Bartel, der inzwischen in Zehlendorf wohnte, das Haus abgekauft.
Zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten war, dass in der ersten Zeit nach 1945 die später berühmt gewordene Malerin Ruth Baumgarte (1923-2013) aus Karlshorst ein Atelier im Lortzingclub hatte. Dies hat die gemeinnützige „Kunststiftung Ruth Baumgarte“ in Bielefeld herausgefunden, die das Leben und Werk der Malerin erforscht. Demnach landete die Malerin nach der Zwangsräumung von Karlshorst vorübergehend in Lichtenrade, wohnte in der Alvenslebenstraße und gab aushilfsweise Zeichenunterricht an der Ulrich-von-Hutten-Schule. „Ferner wissen wir, dass sie für kurze Zeit in einem Jugendheim in Lichtenrade gearbeitet hat. Es heißt, das Haus habe ein Schwimmbad besessen und sei ursprünglich die Villa eines Industriellen gewesen", so die Bielefelder Kunststiftung. Damit war klar, dass das nur die Bartel-Villa sein konnte.
In Zusammenarbeit mit der Kunststiftung sucht der Lortzingclub nun Zeitzeugen, Dokumente und Fotos aus der Anfangszeit der Einrichtung und die Leiterin Carola Thiede fragt, ob jemand Personen kennt, die dort einst beschäftigt waren, wie eine Hausmeisterfamilie Stüwe zum Beispiel. HDK
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
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