Katja Tiedtke kennt den Dorfteich seit der Kindheit
Killerkarpfen nie gesichtet
Ein paar Blässhühner schlängeln sich durch den Seerosenteppich am Ufer, als wir Katja Tiedtke an einem Novembermorgen zum Dorfteich Lichtenrade begleiten. Für die ganz in der Nähe wohnende 50-Jährige ist dieser Ort mit besonderen Erinnerungen verbunden.
Wenn Katja Tiedke an ihre Kindheit und Jugendzeit zurückdenkt, erinnert sie sich daran, dass es in der Umgebung kaum Spielplätze gab. „So war für uns der Dorfteich immer Treffpunkt nach der Schule“, sagt sie. Auf der Wiese daneben wurde Fußball gespielt, im Herbst wurden Kastanien gesammelt und im Winter auf dem Teich Schlittschuh gelaufen. Ende der 70er bis Mitte der 80er waren die Winter noch kalt genug, um das Kleingewässer komplett zuzufrieren.
Während andere Kinder ihre Schlittschuhe zusammengebunden um den Hals trugen und erst am Ufer anzogen, konnte Katja Tiedtke fast direkt von der Haustür aus losfahren. „Die Mädels haben da ihre Pirouetten gedreht“, blickt sie zurück. Als Herausforderung mussten – im Gegensatz zu einer spiegelglatten Eisbahn – stets die kleinen Huckel gemeistert werden, die sich beim Zufrieren eines natürlichen Gewässers bilden. „Die Jungs haben immer den Schnee zur Seite gekratzt und sich große Quadrate gemacht, mit ihren Rucksäcken oder Jacken Tore gebastelt und dann Eishockey gespielt, bis es dunkel wurde.“
In den Sommermonaten wurde der Dorfteich den Tieren überlassen. „Eine Zeitlang gab es für die Enten mitten auf dem Teich kleine Inseln mit Häusern, wo sie in Ruhe brüten konnten. Sogar Wasserschildkröten haben dort in der Sonne gelegen“, erzählt Katja Tiedtke. Um zu verhindern, dass Kinder zu nah ans Ufer gingen, wurde eine Horrorgeschichte in die Welt gesetzt und unter den Grundschulkindern weitererzählt. Sie handelte von einem Ungeheuer und ging laut Tiedtke in etwa so: „Kuno, der Killerkarpfen, wohnt im Dorfteich und frisst die kleinen Hunde der alten Damen, die immer mit ihren Chihuahuas und Rehpinschern spazieren gehen. Er war für alles zuständig, was in irgendeiner Art und Weise am Dorfteich passiert ist.“ In Wahrheit wurde „Kuno“ zum Glück jedoch nie gesichtet.
Erinnerungen und Geschichten zum Dorfteich hat Katja Tiedtke auch deshalb sofort parat, weil sie in Lichtenrade seit jeher fest verwurzelt ist. Sie ist dort aufgewachsen und machte an der Carl-Zeiss-Oberschule ihr Abitur. Heute engagiert sich für ihren Kiez unter anderem im Unternehmernetzwerk Lichtenrade sowie im Lichtenrader Kunstfenster und führt seit fast zehn Jahren das 1987 von ihrer Mutter gegründete Geschäft „Lederwaren Tiedtke“ in der Bahnhofstraße. Im Sommer fährt sie täglich mit dem Fahrrad zu ihrem Laden und kommt dabei immer am Dorfteich vorbei. Im Vergleich zu früher hat sich diesbezüglich nicht viel geändert, denn auch der Schulweg führte hier entlang. „Eine Klassenkameradin hat immer hinten auf meinem Gepäckträger oder vorn auf dem Lenker gesessen“, so Tiedtke.
Der größte Unterschied zu damals, sagt sie, sei das Aussehen des Teichs. „Er war früher einfach wildromantischer. Für mich ist das heute alles immer zu geleckt und ordentlich. Es darf gern ein bisschen naturbelassener sein, aber das bin ich halt.“ Das einzig Negative am Dorfteich sei der Müll, doch lasse die Sauberkeit in Berlin im Allgemeinen zu wünschen übrig. Gründe, an ihren Lieblingsort im Kiez zu kommen, gibt es dennoch reichlich. So gefällt Katja Tiedtke besonders, dass die ehemals in der Bahnhofstraße veranstalteten Feste, ob „Tanz in den Mai“ oder „Kunst trifft Wein“, inzwischen am Dorfteich stattfinden. Das Ambiente sei einfach viel schöner.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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