Zuhörer und Mutmacher
Peter Gamroth ist ehrenamtlich für Wohnungslose, Pflegebedürftige und Sterbende da

Der Glaube spielt im Leben von Peter Gamroth eine wichtige Rolle. Wenn er Menschen besucht und sich mit ihnen unterhält, ist sein Australian Terrier "Kenny" immer mit dabei. | Foto: Philipp Hartmann
  • Der Glaube spielt im Leben von Peter Gamroth eine wichtige Rolle. Wenn er Menschen besucht und sich mit ihnen unterhält, ist sein Australian Terrier "Kenny" immer mit dabei.
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Peter Gamroth (81) ist ein ruhiger Typ. Er hört aufmerksam zu, erzählt aber auch gern von sich. Seit 25 Jahren kümmert sich der Lichtenrader um Menschen, denen es nicht gut geht – die keine Wohnung haben, süchtig sind oder im Sterben liegen. Ihnen gibt er Frieden und Trost. Dazu gekommen ist er, weil er selbst eine schlimme Erfahrung machte.

Der jüngste seiner drei Söhne wurde als Teenager drogenabhängig. „Mit 18 war er schon auf Heroin“, blickt er zurück. „Er war ein schwieriger Charakter.“ Mehrmals habe der Junge die Schule gewechselt. Er habe eine Bande gegründet und sei ein Punk gewesen, der gegen alle protestierte, die aus seiner Sicht Spießer waren. Peter Gamroth hatte schon zuvor das Gefühl, dass sein Sohn womöglich Tabletten nehme. Als es mit dem Heroin losging, wurde ihm klar, wie ernst die Situation ist. „Wenn er sich etwas gespritzt hatte, war er müde und verändert. Da hat man schon gemerkt: Da ist was nicht in Ordnung.“ Er selbst habe die Sache lange zu locker genommen. Seine Frau habe ihm deswegen Vorwürfe gemacht, er sei nicht streng genug. Sie verließ ihn. Erst als zwei Freunde seines Sohnes an einer Überdosis starben, sei er aufgewacht. „Ich habe dann Angst um ihn bekommen und mir die Schuld gegeben, dass ich zu wenig Zeit mit ihm verbracht habe.“

In dieser Phase, als unklar war, ob der Sohn die Sucht überleben würde, fand Peter Gamroth Trost in einer Gemeinde der Freien Evangelischen Kirche. Gläubig sei er bis dahin nicht gewesen, wie er sagt. Doch dann habe er angefangen, zu Gott zu beten, und dadurch Zuversicht und Kraft bekommen. „Ich habe meinen Sohn verstanden und auf freundschaftlicher Basis das Leid mit ihm geteilt. Wir waren gute Freunde. Das würde ich auch jedem anderen mit einem süchtigen Kind raten: nicht verurteilen, sondern wie mit einem Freund reden.“ Auf diese Weise habe er seinen Sohn dazu bewegen können, eine Therapie zu machen. „Er hat sie aber nicht ausgehalten und abgebrochen.“ Heute ist er 49 Jahre alt. Zwischendurch sei er auch mal clean gewesen, habe aber wieder Rückfälle erlebt. Peter Gamroth steht mit ihm in Kontakt.

„Ich klage die Leute niemals an“

1992 hat der Lichtenrader den christlichen Glauben angenommen. Über die Evangelische Kirche kam er zum Haus Hebron in Niederschöneweide. Dort leben pflegebedürftige, gesundheitlich beeinträchtigte und von Wohnungsnot betroffene Menschen. Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert ist Peter Gamroth dort regelmäßig zu Besuch und trifft beispielsweise Alkoholiker. Die Erfahrung, die er mit seinem Sohn gemacht hat, hilft ihm, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. „Ich klage die Leute niemals an. Deshalb werde ich von ihnen anerkannt. Deshalb kommen sie aus sich heraus und erzählen mir von ihrem Leid. Oft waren die Eltern selbst Trinker.“ Zweimal wöchentlich ist er dort. Freitags lädt er immer zur Bibelstunde. Dass die Menschen gläubig werden und genauso Trost finden, wie er, ist seine Motivation. Er selbst würde dies nicht als Ehrenamt bezeichnen, sondern als Berufung.

Vor fünf Jahren absolvierte der Senior beim Malteser Hilfsdienst eine Ausbildung zum Sterbebegleiter. Regelmäßig geht er seitdem ins Hospiz und in Pflegeheime. Einmal habe er einen Polen beim Sterben begleitet, der sich unbedingt mit jemandem in seiner Muttersprache unterhalten wollte. Da Peter Gamroth selbst in Breslau aufgewachsen ist, konnte er diesen Wunsch erfüllen. „Ich sehe mich nicht als Sozialarbeiter. Sie sind vor allem für das Praktische zuständig, ich für das Spirituelle. Das brauchen wir Menschen auch“, so Peter Gamroth.

Vom Sternenfischer-Freiwilligenzentrum Treptow-Köpenick wurde er für sein langjähriges Engagement als „Stern des Monats Mai 2020“ geehrt.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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