„Die Mauer war etwas Mysteriöses“
So erlebte Markus Mohn die Teilung und den Mauerfall

Markus Mohn an der Streuobstwiese, die im früheren Todesstreifen entstand. | Foto: Philipp Hartmann
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Am 9. November jährt sich der Fall der Berliner Mauer zum 30. Mal. Anwohner Markus Mohn war damals 16 Jahre alt. Wir sprachen mit ihm über seine Erinnerungen an dieses Ereignis. Treffpunkt war die Streuobstwiese im einstigen Todesstreifen neben dem Mauerfall-Denkmal an der B96.

Umweltfreunde aus der Gegend pflanzten dort im Mai 1990 die ersten Obstbäume, woran Markus Mohn selbst beteiligt war. Noch immer engagiert er sich in der Umweltinitiative "Teltower Platte".

Obwohl er mit seinen Eltern keine fünf Minuten von der Mauer entfernt am Lichtenrader Wäldchen wohnte, sei diese für ihn kein großes Thema gewesen. Als Kind und Teenager habe sie einfach zum normalen Alltag gehört, was auch daran lag, dass er keine Verwandtschaft in Ost-Berlin hatte. „Beim Spielen im Wald haben wir Kienäpfel gesammelt und über die Mauer geworfen“, erinnert er sich. „Wir haben immer auf Reaktionen gehofft – oder befürchtet, dass irgendwas passiert, weil man ja nicht durchgucken konnte.“ Von der Ostseite schallten jedoch höchstens die Geräusche gelegentlich vorbeifahrender Fahrzeuge und Hundegebell von den Grenzkontrollanlagen herüber. Da er nie genau wusste, was dahinter eigentlich vor sich ging, sei die Mauer immer „etwas Mysteriöses“ gewesen.

Markus Mohn weiß noch, dass er lediglich von einem Hochsitz am Kirchhainer Damm aus auf die andere Seite blicken konnte. Mehr als ein Stück Ödnis, einen Soldaten im Grenzturm und das neonorangefarbene Licht der Laternenmasten in der Dunkelheit konnte er jedoch nicht sehen. Ein wenig habe er daher so empfunden, als wäre hinter der Mauer die Welt zu Ende. Auf dem Kirchhainer Damm, heute eine vielbefahrende Verkehrsachse, hätten Kinder damals problemlos spielen können. Nur etwa alle zehn Minuten sei mal ein Lkw durchgefahren, weil es einen Grenzübergang nur für Müllfahrzeuge gab. „Die B96 war die Transitstrecke für die BSR, um bei Zossen den Westberliner Müll abzuladen“, erzählt Markus Mohn. Seine einzige Verbindung in die DDR resultierte aus einer Aktion der Nahariya-Grundschule. Dabei ließ er einen Luftballon mit einer Grußkarte aufsteigen, die irgendwo in Zwickau gefunden wurde. „Da kam auch freudige Post zurück und das war dann mal ein Kontakt mit Ost- und Westpaket hin- und herschicken.“ Eine lange Freundschaft sei jedoch nicht entstanden.

Was er in der historischen Nacht am 9. November 1989 gemacht hat, weiß Markus Mohn nicht mehr. „Kann sein, dass ich es irgendwie verschlafen habe“, sagt er. Einen Tag später sei jedoch auch in Lichtenrade das Tor geöffnet worden, das vorher nur die Müllautos passieren durften. „Da war hier eine große Party. Die Straße war gesäumt mit Menschen. Man hat sich bejubelt und beklatscht. Selbst wir als Familie standen da mit Sektflaschen und haben angestoßen. Also das, was man an Bildern vom Brandenburger Tor vom 9. November im Kopf hat, passierte hier quasi zeitversetzt einen Tag später.“ Durch den Mauerfall war auch bei ihm plötzlich die Neugier geweckt. Mit dem Fahrrad fuhr er die Stellen der Grenze ab, die er sonst nur von der anderen Seite aus kannte. Bald darauf rückten die Bagger an und die Mauer verschwand endgültig.

Am 9. November ist Markus Mohn Gastredner beim Kiezspaziergang von Bürgermeisterin Angelika Schöttler, der 14 Uhr am S-Bahnhof Lichtenrade startet. Thema ist die naturnahe Entwicklung des Todesstreifens. 16 Uhr beginnt dann am Mauerfall-Denkmal am ehemaligen Grenzübergang ein Erinnerungsfest zusammen mit dem Landkreis Teltow-Fläming und der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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