Polizeihauptkommissar Frank Thiele berichtet über seine Arbeit im Streifendienst
„Unsere schärfste Waffe ist das Wort“

Polizeihauptkommissar Frank Thiele auf der Wache. | Foto: Philipp Hartmann
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Frank Thiele (55) ist seit 1983 Polizist. Er war unter anderem im Verkehrsdienst und bei der Autobahnpolizei aktiv. 2010 wechselte der Polizeihauptkommissar aus Zehlendorf zum Abschnitt 47. Sein Einsatzgebiet ist Lichtenrade, Marienfelde und Mariendorf-Süd. Im Interview sprachen wir mit ihm über seine Arbeit.

Womit haben Sie es am häufigsten zu tun?

Frank Thiele: Blechunfälle, Streit mit den Nachbarn oder Diebstähle an Kfz, die regelmäßig von Banden begangen werden. Jeder Arbeitsschritt von denen ist organisiert: auskundschaften, stehlen, beiseitebringen. Ratzfatz ist ein Außenspiegel oder ein Airbag weg. Es dauert zwei Minuten, um ein Navi zu klauen, egal welches Auto, egal welche Sicherheitsvorrichtung. Das sind Sachen, die beschäftigen uns sehr. Dazu viele entlaufene oder ausgesetzte Hunde. Vieles ist auch einfach: helfen, beraten, betreuen. Es kommen Leute, die überfordert sind mit der digitalen Welt, mit Bestellvorgängen oder dem Wechsel des Stromanbieters.

Welche Einsätze sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Frank Thiele: Der 26. April 2008 um 7 Uhr, als eine 25-jährige Motorradfahrerin auf der Stadtautobahn ums Leben kam und wir keinen Verursacher aufnehmen konnten. Der macht mir immer noch zu schaffen, wenn man sieht – und ich fahre selber leidenschaftlich gern Motorrad – dass ein junger Mensch sinnlos aus dem Leben gerissen wird. Ein schönes Erlebnis war dagegen am Forddamm, wo es einen sozialen Treff für ältere Menschen gibt und die Türen offenstehen. Ein Jugendlicher hatte eine Tasche mitgenommen und ist weggerannt. Von einer behinderten, älteren Frau dafür umarmt zu werden, dass ich ihr ihre Tasche wiederbringe, weil wir den Täter bekommen haben, war eine Sache, da geht jedem Polizisten das Herz auf.

Was unterscheidet den Stadtrand von der City?

Frank Thiele: Straßenkriminalität, wie Raubüberfälle und Schlägereien, haben wir nicht so oft. Ältere Menschen sind ein großes Thema, die durch den Enkeltrick oder falsche Polizeibeamte natürlich sehr ängstlich sind. Eine Dame über 70 besuche ich ab und zu, wenn ich während der Streife Zeit habe. Wenn Kinder vor ihrem Fenster spielen oder ein Stein auf der Terrasse wackelt, hat sie Angst. Ich setze mich dann gerne mal mit ihr hin und versuche, ihr die Angst zu nehmen.

Was würde Ihnen die Arbeit erleichtern?

Frank Thiele: Wenn die Menschen uns Bescheid sagen. Wenn dreimal ein Auto ohne Licht um den Block fährt, das Sie nicht kennen, dann bitte Kennzeichen notieren und anrufen. Es interessiert uns, weil hier Sachen ausspioniert werden. Wenn ich sehe, dass jemand hinterm Baum onaniert und Kinder beobachtet, bitte ein Foto machen und sofort anrufen. Ganz wichtig: Der Bürger zahlt nicht den Polizeieinsatz. Viele rufen nicht sofort an. Wir können aber der Täter nicht habhaft werden, wenn das erst drei Tage später über Facebook geteilt und nach einer Woche dann bei uns Alarm gemacht wird.

Mussten Sie schon mal Gebrauch von Ihrer Dienstwaffe machen?

Frank Thiele: Im Diedersdorfer Weg habe ich mal einen Fuchs erschossen, der angefahren wurde und nicht mehr laufen konnte. Auf einen Menschen geschossen habe ich noch nie.

Wie ist das Verhältnis zu den Bürgern?

Frank Thiele: Die schärfste Waffe des Polizisten ist das Wort. Kommunikativ, eloquent, sozial offen, angepasst, Diversität – diese Begriffe spielen da alle eine Rolle. Das muss man als Polizist ganz schnell lernen und hat dann auch schnell persönliche Beziehungen zu den Menschen.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf?

Frank Thiele: Dass man jeden Tag etwas Neues erlebt. Wenn ich nicht mehr dabei wäre, würde ich jedem Polizeiauto hinterherwinken. Wir haben ein gutes kollegiales, familiäres Verhältnis auf dem Abschnitt und ich bin mit Leib und Seele Polizist. Auch bei all dem Ärger in der Politik. Freude macht mir, wenn ich den Menschen vermittelt habe, dass sie keine Angst haben müssen. Oder, wenn sie Angst haben, hier auf der Wache anzurufen oder vorbeizukommen. Und meine soziale Sicherheit ist wichtig. Ich bin Beamter auf Lebenszeit.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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