Fahrtwind aus dem Ventilator
Triathlet Fabian Kelling fährt jetzt Radrennen in seiner Garage
Anfang April sorgte Triathlon-Olympiasieger Jan Frodeno für Aufsehen. In seinem Haus im spanischen Girona absolvierte er auf einem Rollentrainer, einem Laufband und im Pool mit Gegenstromanlage die komplette Ironman-Distanz.
Mit dieser Aktion sammelte er zugleich mehr als 200 000 Euro an Spenden für wohltätige Zwecke in der Corona-Krise. Solche professionellen Bedingungen hat Fabian Kelling aus Lichtenrade nicht. Sportliche Höchstleistungen vollbringen er und seine Mitstreiter vom Berliner Triathlon-Team allerdings auch.
Eigentlich hätte von Mai bis August die Triathlon-Bundesliga stattfinden sollen, in der die Mannschaft unter Beteiligung des BSV Friesen aus Mariendorf angreifen wollte. Doch die Corona-Pandemie machte dieser Planung einen Strich durch die Rechnung. Endgültig abgesagt ist die Saison noch nicht, doch Fabian Kelling rechnet nicht damit, in diesem Jahr noch einmal an einem Open-Air-Wettkampf teilnehmen zu können.
Um dennoch in Form zu bleiben, gibt es nun ein Ersatzprogramm. 26 Triathlon-Teams aus Deutschland messen sich seit Ende April über einen Zeitraum von acht Wochen jeden Sonntag über die Online-Plattform „Zwift“ miteinander. Das Triathlon-Team Hamburg hat dort extra eine Rennserie organisiert. Jeder Athlet tritt dabei für sein Team in der eigenen Wohnung in die Pedale. Die erzeugte Leistung wird beispielsweise via Bluetooth an den Computer übertragen. Auf dem Bildschirm sehen sich die Sportler als Videospiel-Figur, die sich auf einer virtuellen Strecke vorwärtsbewegt. Was nach viel Spaß klingt, ist für die Teilnehmer enorm anstrengend. Beim ersten Rennen am 26. April mussten 41 Kilometer zurückgelegt werden. Die besten Sportler benötigten knapp 51 Minuten. Wer über einen längeren Zeitraum mit etwa 47 km/h fährt, ist hinterher ausgelaugt. Bei den weiteren Etappen sind darüber hinaus Bergankünfte geplant.
Fabian Kelling hat sich für die Rennen in seiner Garage eingerichtet. Die Kette seines Rennrads spannt er in einen Rollentrainer. Das Gerät misst die Umdrehungen und Wattleistungen, die er produziert, und sendet sie an „Zwift“. Vor dem Start müssen Größe und Gewicht eingegeben werden, denn die Software errechnet auch aufgrund dieser Daten die Geschwindigkeit im Spiel. Selbst der Windschatten wird simuliert. Auf dem Bildschirm sieht Fabian Kelling, ob er in der Gruppe fährt, hinterherhinkt oder der Konkurrenz voraus ist. Fährt er an der Spitze, muss er aufgrund des Gegenwinds mehr Kraft aufwenden. Somit kommt wie im realen Leben eine taktische Komponente dazu. „Weil so ein Rennen ohne Fahrtwind in sehr viel Schweiß ausartet, stelle ich mir einen Ventilator daneben“, erzählt er. Außerdem könnten ein Stirnband sowie mehrere Handtücher nicht schaden. Damit er zwischendurch nicht schlapp macht, stehen auf dem Tisch neben seinem Rollentrainer mehrere Liter mit Getränken, dazu eine Tüte Nüsse, Nussriegel und eine Packung Energie-Gummibärchen. „Es ist bestimmt zu 95 Prozent Spaß. Aber das sind alles Athleten, die das schon sehr ernst nehmen.“
Seine Kollegen vom Berliner Triathlon-Team kann Fabian Kelling während des Wettkampfs per Videokonferenz zuschalten, doch wirklich sinnvoll sei das nicht. „Irgendwann macht jeder vor Anstrengung nur noch komische Geräusche“, berichtet er lachend. Falls sie die Erlaubnis bekommen, würden sie gern Ende Mai fünf Rollentrainer in ihrem Vereinsheim in der Adlermühle in Mariendorf aufstellen. Auf diese Weise könnten sie zusammen in einem Raum an dem Online-Wettkampf teilnehmen. Insgesamt sei 2020 aber schon jetzt ein „ganz besonders einsames Jahr für Triathleten“.
Wer einmal ein Rennen aus Sicht von Fabian Kelling im Livestream verfolgen möchte, kann dafür am Sonntag seine Facebook-Seite aufrufen.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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