Reis, Regenwürmer und ein gigantischer Grünkohl
Marzahn. Er liegt ein wenig versteckt, ganz in der Nähe des Wuhleteichs – und doch nur zehn Fußminuten vom U-Bahnhof Neue Grottkauer Straße entfernt: der „Weltacker“. Hier können kleine und große Menschen viel über Landwirtschaft lernen.
Weltweit gibt es 1,4 Milliarden Hektar Ackerfläche, das sind rein rechnerisch rund 2000 Quadratmeter für jeden Menschen. Reicht das? Das war vor drei Jahren die Ausgangsfrage. Damals waren die Mitstreiter des Weltacker-Projekts noch in Kladow ansässig, und sie probierten es einfach aus. Das Ergebnis: Es reicht. Ein Feld dieser Größe macht sogar mehr als einen Menschen das ganze Jahr über satt.
Vor einigen Monaten siedelte das Projekt der Zukunftsstiftung Landwirtschaft nach Marzahn über. Vom U-Bahnhof geht es über den Feldberger Ring links in den Wuhlewanderweg. Ab der Brücke ist der Weg ausgeschildert und führt zum "Weltacker". Er wird Teil des IGA-Campus. Auch hier bewirtschaften Gärtner Gerd Carlsson und seine Helfer ein 2000 Quadratmeter großes Areal. „Dieses Mal bauen wir im gleichen Verhältnis das an, was weltweit kultiviert wird“, erklärt Projektleiterin Luise Körner.
Das bedeutet: Auf etwa einem Drittel der Fläche soll Getreide wachsen, auf dem weitaus größten Teil Mais und Soja – im echten Leben vorwiegend verwendet für Viehfutter und Agro-Sprit. Für Gemüse bleibt gerade mal 84 Quadratmeter übrig, ganze 4,2 Prozent. Da wundert es nicht, dass nicht alle Menschen genug zu essen haben. „Auf der anderen Seite werden in Industrieländern ein Drittel der Lebensmittel weggeworfen“, so Luise Körner.
Aber diese ernsten, ernährungspolitischen Fragen sollen nicht den Schwerpunkt des Marzahner Projekts bilden. „Wir wollen vor allem Mut machen und zeigen, dass Menschen mit ihrem Verhalten etwas verändern können“, betont Körner.
Vor allem aber sollen Kinder Naturerfahrungen machen und Spaß haben. Und das ist möglich, denn inzwischen grünt und blüht es auf dem Gelände. Tomaten und Mangold sind gepflanzt, Weizenhalme sprießen, Klee und Lupinen sorgen für „Gründüngung“, um den Boden mit Nährstoffen anzureichern. Gerd Carlsson hat Großes vor: „Ich bin gespannt, ob es mit dem Reisanbau klappt“, sagt er. Auch auf das Gedeihen des norddeutschen Palmkohls freut er sich, ein Grünkohl, der über 1,80 Meter hoch wird.
Etliche Schulklassen waren bereits hier, denn es stehen ständig Workshops auf dem Programm. Grundschüler lernen den langen Weg der Tomate vom spanischen Gewächshaus bis auf den eigenen Teller kennen oder dürfen bei der Ackerrallye schätzen, wie viel Anbaufläche es für eine Spinatpizza braucht. „Die Marzahner Kinder sind recht offen, viele wohnen ja im Grünen“, sagt Luise Körner.
Einige fänden es zwar zuerst eklig, Regenwürmer und Käfer aufzuspüren oder die Feuchtigkeit der Erde zu messen – aber das gebe sich schnell. Ein Höhepunkt für viele Kinder sei es, wenn in der mobilen Küche gemeinsam gekocht und gegessen wird. „Im Moment müssen wir uns allerdings noch mit dazugekauften Biogemüse behelfen. Aber das wird sich ändern“, so Körner.
In den Schulferien gibt es einige Workshops für Kinder und auch für Erwachsene. Sie sind variabel buchbar. Wer mag, kann auch einfach zum Helfen oder Schauen vorbeikommen. In der Regel ist derzeit jeden dritten Donnerstag im Monat am Nachmittag geöffnet. sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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