Unikate in allen Farben, Formen und Größen
Andrea Kühn aus Marzahn sammelt von ihr selbst angefertigte Posamentenknöpfe
Wenn Andrea Kühn von ihren Posamentenknöpfen erzählt, blickt sie zumeist in fragende Gesichter. Auch sie selbst hat diese Bezeichnung für Knöpfe bis vor wenigen Jahren nicht gekannt. Lediglich Posamente seien ihr bekannt gewesen, erzählt sie.
Das Wort kommt vom französischen „passement“ und bezeichnet textile Schmuckbesätze. Sie waren vor allem im 18. Jahrhundert sehr beliebt. Zu sehen sind sie zum Beispiel auch heute noch auf Uniformen, Trachtenkleidern, Strickjacken und Hüten sowie manchen Taschen und Möbeln. Posamentenknöpfe können auch als Schmuck getragen werden, zum Beispiel als Anhänger an einer Halskette, oder als Dekorationselemente dienen. Sie kommen zum Beispiel in England, Österreich und den Niederlanden vor, in Deutschland vor allem in südlichen Regionen wie Franken und Schwaben, aber auch Hessen.
Wickeln, Weben, Sticken oder Stechen
Bei der Herstellung von Posamentenknöpfen handelt es sich um ein historisches Handwerk. Als Grundlage dient ein kleiner Holzrohling, egal ob rund oder eckig, der mit bunten Garnen umwunden wird. Dabei können verschiedene Techniken zum Einsatz kommen wie Wickeln, Weben, Sticken oder Stechen. Andrea Kühn nutzt auch noch andere Materialien wie Aluminium- und Plastikringe. Je nach Machart entsteht ein anderes Muster. Durch Verwendung unterschiedlicher Farben und Größen ist eine schier unendliche Vielfalt möglich.
Aufmerksam auf Posamentenknöpfe wurde Andrea Kühn im Jahr 2017. Damals war sie gerade dabei, Dirndl für Kinder zu nähen. Bei Recherchen im Internet stieß sie auf eine spezielle Trachtenkleidung aus der bayerischen Kleinstadt Krumbach.
Ihr Interesse war geweckt, auch weil die Knöpfe gut zu Dirndl passen, sodass sie sich sofort für einen Workshop anmeldete. Drei Tage verbrachte sie daraufhin im Kloster Wettenhausen und lernte von Sandra Müller, die in der Gegend die „Posamentenknopf-Manufaktur“ betreibt. Weil es so gut gefiel, fuhr sie 2018 noch einmal hin und belegte einen Workshop für Fortgeschrittene.
Im Herbst 2019 wurde ihr schließlich das Knopfmacher-Zertifikat ausgestellt, nachdem sie zuvor 99 variantenreiche Knöpfe nach bestimmten Vorgaben angefertigt hatte. „Für die Prüfung musste ich einen Knopf herstellen, der fünf verschiedene Techniken beinhaltet“, erzählt die Marzahnerin. Der sei so etwas wie ihr Meisterstück gewesen und bis heute ihr Lieblingsexemplar. „Ich bin selbst überrascht, wie schnell ich das alles gelernt habe“, betont sie rückblickend. Geholfen hat ihr dabei sicher ihre berufliche Laufbahn. Nicht umsonst sagt Andrea Kühn über sich: „Ich bin Handwerkerin mit Leib und Seele.“
Schneideratelier vor der Wende gegründet
Die gelernte Textiltechnikerin, die aus Eisenhüttenstadt stammt, arbeitete zunächst als Fachbearbeiterin Textiltechnik. Sie lernte das Weben und Zwirnen, später noch Nähen. Kurz vor der Wende eröffnete sie in Weißensee ein Schneideratelier. Doch ihre Arbeit sei nach der Wende nicht mehr gefragt gewesen. Sie habe dann noch eine Weile im textilen Einzelhandel gearbeitet und war anschließend fast 20 Jahre lang im Flughafen Tegel im Verkauf tätig. Aktuell arbeitet die 65-Jährige als Empfangsmitarbeiterin in Teilzeit.
Kreativ tätig sei sie schon immer gewesen. So zeichnet sie nebenbei und macht Origamikunst. Die Posamentenknöpfe sind ihr jedoch am liebsten. In ihrer Wohnung hat Andrea Kühn inzwischen etwa 1000 Stück angefertigt, fast alles Unikate. Die meisten bewahrt sie in Setzkästen auf, manche hat sie eingerahmt, aus einigen hat sie Collagen oder kleine Kunstwerke erstellt.
Sie habe bei der Handarbeit immer den Anspruch, dass alles fehlerfrei und exakt ist. Die Vielfalt der Posamentenknöpfe, von einfarbig bis bunt, sei allgemein faszinierend. „Was mich begeistert, ist außerdem die Präzision, zugleich aber auch die freie Entfaltung.“
Verkauft hat sie keinen einzigen Knopf. Sie würde auch keinen tauschen wollen oder andere sammeln als ihre eigenen. Sie wünscht sich jedoch, diese mal im Rahmen einer Ausstellung einem Publikum zu präsentieren. Ein besonderer Hingucker sind ihre handgefertigten Exemplare allemal. Sollte sie ihre Sammlung irgendwann einmal abgeben wollen oder müssen, würde sie diese gern an Trachtenvereine weitergeben.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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