„Das ist mein letzter Job“
Die Bockwindmühle hat mit Alexander Benedikt (53) wieder einen Müller

Weil er auf Usedom aufgewachsen ist, bezeichnet sich Alexander Benedikt selbst als "Fischkopp". Seit 2015 lebt der Vater eines 15-jährigen Sohnes in Berlin. Er wohnt in Falkenberg und ist handwerklich vielseitig begabt. | Foto: Philipp Hartmann
4Bilder
  • Weil er auf Usedom aufgewachsen ist, bezeichnet sich Alexander Benedikt selbst als "Fischkopp". Seit 2015 lebt der Vater eines 15-jährigen Sohnes in Berlin. Er wohnt in Falkenberg und ist handwerklich vielseitig begabt.
  • Foto: Philipp Hartmann
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

Nach monatelanger Suche hat die Marzahner Bockwindmühle endlich wieder einen Müller. Es ist Alexander Benedikt, 53 Jahre alt und „Handwerker der alten Schule“, wie er sagt. Angefangen hat er bereits am 1. April. Weil er in den ersten Wochen seinen neuen Arbeitsplatz erst einmal in Ruhe kennenlernen sollte, verzichtete sein Arbeitgeber darauf, die gute Nachricht zu verkünden.

Manche Spaziergänger haben aber auch so schon längst bemerkt, dass am Marzahner Wahrzeichen etwas vor sich geht. Das Interesse daran, den neuen Müller kennenzulernen und die Mühle wieder in Aktion zu sehen, ist groß. Ganz so schnell, wie vermutlich von vielen Anwohnern erhofft, wird das aber nicht gehen. Seit eineinhalb Jahren steht die Mühle bereits still – und das ist nicht gut. Nur im vergangenen Sommer und Herbst drehten sich die Flügel jeweils einmal. „Das Holz verdreht sich mit der Zeit und Spalten entstehen. Es muss quasi ein kompletter TÜV gemacht werden“, erklärt Alexander Benedikt.

„Wir wollen Mehl produzieren"

Bevor an eine Wiederinbetriebnahme zu denken ist, warten noch einige Aufgaben auf ihn. Ein neuer Holzschutz muss aufgetragen, Keile gewechselt, der Mühlstein gesäubert und geschärft werden. Einen konkreten Eröffnungstermin kann der neue Müller daher noch nicht nennen. Sicher sei nur, dass es noch dieses Jahr passiere. Denn eines sei klar: „Wir wollen Mehl produzieren. Das ist die Hauptaufgabe.“

Tatendrang und Vorfreude sind bei Benedikt spürbar. Die Mühle bezeichnet er begeistert als „handwerkliche Meisterleistung“ und „kleine Oase“. Der Standort auf einem Hügel zwischen Landsberger Allee und Allee der Kosmonauten, wodurch die Mühle von allen Seiten schon von Weitem sichtbar ist, sei „traumhaft“. Er habe sofort gewusst, dass hier zu arbeiten, sein Traumjob sei.

Fehlschläge bei der Personalsuche

Gedanken über die Personalfluktuation auf seiner Stelle in jüngerer Vergangenheit macht er sich keine. Sein Vorgänger Simon Rehle hatte 2020 nach nur wenigen Monaten wieder aufgehört. Danach schien eine Nachfolgerin bereits gefunden, doch die Zusammenarbeit scheiterte kurzfristig. Wirtschaftsstadträtin Nadja Zivkovic (CDU) sprach danach von „Fehlschlägen“ bei der Personalsuche. Mit Alexander Benedikt aber hofft die Agrarbörse Deutschland-Ost, die sich im Auftrag des Bezirksamts um die Mühle kümmert, nun endlich eine langfristige Lösung gefunden zu haben. Wenn es nach ihm selbst geht, dürfte auch nichts dazwischenkommen. „Das ist mein letzter Job“, sagt der 53-Jährige.

Ein richtiger Müller war nicht dabei

Aufmerksam wurde er auf die Stellenausschreibung durch einen Werbespot im Radio. Gleich danach schaute er sich das Bauwerk einmal genauer an. Lange nachdenken, ob er sich bewerben soll, musste er nicht. Letztlich überzeugte er bei den Einstellungsgesprächen mit der Wirtschaftsförderung, der Agrarbörse und dem Marzahner Mühlenverein am meisten. Die Konkurrenz war dabei nicht gerade klein. Laut Simone Koppehel von der Agrarbörse haben sich etwa 70 Kandidaten beworben. Es habe viele interessante Bewerbungen gegeben, nur ein richtiger Müller sei nicht dabei gewesen.

Leidenschaft für Holz

Das ist auch Alexander Benedikt nicht. Auf der Ostseeinsel Usedom ist er aufgewachsen und handwerklich besonders begabt. Dabei ist der gelernte Fliesenleger in der Welt rumgekommen, arbeitete viel im Ausland, zum Beispiel im asiatischen Raum. 15 Jahre lang war die Stadt Molde in Norwegen seine Heimat. „Ich habe dort viel mit Holz gearbeitet, zum Beispiel Holzverkleidungen für Swimmingpools gemacht“, erzählt er. Außerdem kaufte er sich dort ein Holzboot, an dem er anderthalb Jahre lang arbeitete. Auch in seiner Freizeit spielt Holz eine große Rolle. „Privat mache ich Holzkunst mit Treibholz.“ Dafür fährt er immer wieder mal nach Norwegen an die Atlantikküste, wo er besonders gute Stellen kennt. „Ich bin ja auch Taucher. Dort hole ich mir das Treibholz vom Meeresgrund.“ Durch den Salzgehalt im Wasser sei es bereits sehr robust und müsse vor der Verarbeitung nicht mehr sonderlich geschützt werden. „Das ist fantastisch“, sagt er.

Etwas Geduld gefragt

Das Müllerhandwerk muss er erst noch erlernen. Die Agrarbörse wird ihn dabei unterstützten. Wie Simone Koppehel berichtet, sei bereits Kontakt zum Mühlenverein Berlin-Brandenburg aufgenommen worden, damit Benedikt bei seiner Ausbildung begleitet wird. Außerdem soll der Müller etwas mehr Entlastung bekommen hinsichtlich der Umweltbildungsangebote für Kinder, die noch in diesem Jahr wieder starten werden. Dabei sollen die Leitung des benachbarten Tierhofs sowie Umweltpädagogen der Agrarbörse mithelfen. Die Weichen für die Zukunft sind also gestellt. Bis die Mühle wieder besucht werden darf, müssen die Marzahner nur noch ein wenig Geduld haben.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 403× gelesen
WirtschaftAnzeige
Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk. | Foto: VEAN TATTOO
3 Bilder

VEAN TATTOO
Tätowierer: einer der gefragtesten Berufe unserer Zeit

Tätowierungen sind eine Kunst mit jahrtausendealter Geschichte, die über Jahrhunderte hinweg die Körper der Menschen schmückte. Doch der Beruf des Tätowierers ist nicht nur kreative Arbeit. Es ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Handwerk, das nicht nur künstlerische Fähigkeiten, sondern auch ein tiefes Verständnis des gesamten Prozesses erfordert. In diesem Artikel wird VEAN TATTOO Ihnen die Welt der Tätowierkunst näherbringen und erläutern, warum der Beruf des Tätowierers heute zu den...

  • Mitte
  • 28.10.24
  • 524× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 255× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 384× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.