Interview mit Petra Pau (Die Linke) über ihr neues Buch "Gottlose Type"
Frau Pau, warum ein Erinnerungsbuch und warum jetzt?
Petra Pau: Auslöser war kürzlich ein Besuch bei einer bundesweiten Stiftung. Zum Abschluss zeigte uns die Geschäftsführerin Plakate. Alle hatten etwas mit der deutschen Einheit zu tun. Auf einer Karikatur waren ein halber Apfel und eine halbe Birnen notdürftig zusammen geklammert. Es fiel die Bemerkung, das sei aber sehr direkt. Wir schmunzelten, nur die Studentin, die mit mir dabei war, nicht. Sie ist Jahrgang 1992 und hatte noch nie gehört, dass Ex-Kanzler Helmut Kohl den Spitznamen Birne hatte. Da wurde mir klar: Es gibt Geschichten, selbst in der jüngeren Geschichte, die verschwinden, wenn man sie nicht festhält.
In Ihrem Buch wird gelegentlich auch über Marzahn-Hellersdorf gesprochen. Wie würden Sie Ihren Wahlkreis in drei Sätzen einem Fremden vorstellen?
Petra Pau: Marzahn-Hellersdorf hat so viele Einwohnerinnen und Einwohner wie Magdeburg oder Kiel und zunehmend soziale Probleme. Es gibt viel sanierte "Platte" und zugleich das größte zusammenhängende Siedlungsgebiet mit Ein- und Zweifamilien-Häusern Europas. Außerdem haben wir den zweithöchsten Berg Berlins, die schönsten Gärten der Welt und demnächst eine Seilbahn.
Sie schreiben, dass Bürger sich an Sie selbst wegen einem ungestreuten Fußweg zur Straßenbahn wenden. Darum kümmert sich Ihr Wahlkreisteam. Wann mussten Sie zuletzt persönlich eingreifen?
Petra Pau: Wahlkreisteam ist leicht übertrieben. Es ist eine Mitarbeiterin. Ich habe sie bewusst erwähnt. Aber natürlich muss ich laufend viele Fragen selbst lösen, sei es mit der Agentur für Arbeit oder mit dem Bezirksamt.
Der Titel Ihres Buches lautet "Gottlose Type". So hat Peter Ramsauer (CSU) Sie einmal im Bundestag bezeichnet. Treffen Sie Attacken von politischen Gegnern noch?
Petra Pau: Die "gottlose Type" damals hat mich nicht getroffen, sondern Millionen Menschen betroffen. Der Zwischenrufer belegte nur, wie gefühllos manche Politiker mit den Problemen ihrer Wähler oder Nichtwähler umgehen. Außerdem löst sich der Titel "Gottlose Type" im Buch noch einmal ganz anders auf. Aber das will ich hier nicht verraten.
Ihr Buch erweckt den Eindruck, dass Anfeindungen gegen Sie in den rund 16 Jahren Bundestagsarbeit seltener geworden sind und das kollegiale Miteinander über Parteigrenzen hinweg größer geworden ist. Stimmt das?
Petra Pau: Als ich 2006 zur Vizepräsidentin gewählt wurde, gestand mir ein CSU-Abgeordneter heimlich, dass er erstmals für eine "Kommunistin" votiert habe. Das hat er zwar nicht, aber auch diese Auflösung überlasse ich dem Buch. Viele Parlamentarier haben offenbar mit Respekt registriert, wie Gesine Lötzsch und ich uns 2002 bis 2005 als fraktionslose Mitglieder des Bundestages geschlagen haben. Außerdem gehöre ich nicht zu den Krawalltypen. Ich mag es - bei allen politischen Differenzen - lieber kulturvoll.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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