Viel Arbeit, wenig Schlaf und keine Langeweile
Wie Martina Polizzi das Stadtteilzentrum Marzahn-Mitte durch die Corona-Krise führte

Martina Polizzi, hier in ihrem Büro im Stadtteilzentrum Marzahn-Mitte an der Marzahner Promenade, hatte in der Corona-Pandemie mehr zu tun als je zuvor. | Foto: Philipp Hartmann
  • Martina Polizzi, hier in ihrem Büro im Stadtteilzentrum Marzahn-Mitte an der Marzahner Promenade, hatte in der Corona-Pandemie mehr zu tun als je zuvor.
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So hatte sich Martina Polizzi den Start ihrer neuen Aufgabe nicht vorgestellt. Im März dieses Jahres übernahm sie mitten im Lockdown die Leitung des Stadtteilzentrums Marzahn-Mitte. „Meine erste Amtshandlung war, das Stadtteilzentrum zu schließen“, blickt sie zurück. Seitdem ist viel passiert.

Mit großem persönlichen Einsatz sorgt sie seit Monaten dafür, dass die Nachbarschaftshilfe im Kiez rund um die Marzahner Promenade aufrechterhalten wird. „Es war nie langweilig. Ich hatte weniger Schlaf und mehr zu tun als je zuvor. Kollegen habe ich keine gehabt. Ich war die ganze Zeit über Einzelkämpferin hier im Haus“, sagt sie. Los ging es im Frühjahr mit der ersten schwierigen Herausforderung. Auf einen Schlag entstand eine riesige Nachfrage nach Mund-Nasen-Masken. Polizzi organisierte die Produktion, denn im Stadtteilzentrum gibt es ein Nähcafé, das sie mitinitiiert hat. „Wir haben den Frauen die Nähmaschinen und Stoffe nach Hause gebracht, damit sie dort Masken nähen konnten." Einmal pro Woche machte sie mit einem Fahrer des Trägers des Stadtteilzentrums, der Volkssolidarität, die Runde, brachte den Frauen neue Stoffe, sammelte fertige Masken ein und verteilte sie sogleich. Insgesamt 3000 Stück hätten sie damals geschafft. Sie selbst habe auch Masken genäht. „Manchmal bin ich nachts aufgestanden, weil so viele gebraucht wurden.“ Abnehmer fanden sich mit DRK, Caritas, Jobcenter und dem Internationalen Bund reichlich.

Hotline für Helfer und Hilfsbedürftige 

Neben der Maskenherstellung kümmerte sich Martina Polizzi um die Einrichtung einer Corona-Hotline. Anhand einer Datenbank versuchte sie, Hilfebedürftige und Helfer zusammenzubringen. Einige Fälle waren besonders schwierig. Es gab Leute, die mittellos waren, aber aufgrund einer angeordneten Quarantäne nicht mehr zur Tafel oder zur Sparkasse gehen konnten. Außerdem erinnert sich die Leiterin an einen Studenten, der durch Corona zuerst seinen Nebenjob, danach seine Wohnung verlor und in einer Obdachlosenunterkunft landete. Im Juli musste sich Martina Polizzi selbst für zwei Wochen in Quarantäne begeben, nachdem sie Kontakt zu einer positiv getesteten Person hatte.

Seit nunmehr 13 Jahren ist sie als Projektleiterin tätig, entwickelte unter anderem die Integrationslotsen. Das ist ein Projekt, bei dem Menschen mit Migrationshintergrund Geflüchteten beispielsweise bei Behördengängen helfen. Viele Angebote im Stadtteilzentrum wie Kochkurse mit Menschen unterschiedlicher Herkunft, Bildungs- und Beratungsangebote baute sie mit auf. Sie selbst ist Diplom-Sprachmittlerin für Russisch und Englisch, studierte dafür an der Humboldt-Universität. Auch in Italienisch und Französisch kann sie sich verständigen. Außerdem absolvierte sie später eine Weiterbildung zur Ehrenamtsmanagerin.

Viele Menschen sind nur noch frustriert

Die Pandemie hat Martina Polizzi, die seit 20 Jahren in Marzahn wohnt, vor eine riesige Herausforderung gestellt. Im Laufe der Monate, so hat sie beobachtet, habe die Hilfsbereitschaft der Menschen nachgelassen. Viele seien einfach nur noch frustriert und hätten außerdem durch die Arbeit weniger Zeit als im Frühjahr, Nachbarn zu unterstützen. Besonders ältere Menschen aus dem Viertel vermissten die Besuche im Stadteilzentrum. „Manche haben zu mir gesagt: ‚Lasst uns doch bitte rein. Wir sterben lieber an Corona als an Einsamkeit.“‘

Große Solidarität nach zwei Einbrüchen

Zusätzlich erschwert wurde ihre Arbeit durch zwei Einbrüche in das Stadtteilzentrum. Im August wurden die Türen aufgebrochen und die Büros verwüstet. Dies wiederholte sich im November. Doch da raubten die Täter auch Laptops, ein Radio, einen Beamer und USB-Sticks. Erst im September war das Haus nach den Schäden des ersten Vorfalls renoviert worden. Wer hinter den Taten steckt, weiß sie nicht. Den Schaden beziffert sie auf 15 000 Euro. Eine große Solidarität erfuhr die Leiterin durch das BENN-Team in Marzahn-Mitte und das SOS-Kinderdorf Hellersdorf, die innerhalb von drei Tagen Ersatzgeräte schickten. Dafür möchte sich Martina Polizzi noch einmal herzlich bedanken.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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