Vor 25 Jahren stürmten Bürger die Berliner Stasizentrale

Berliner Bürger vermauerten vor dem Sturm auf die Berliner Stasizentrale symbolisch den Haupteingang an der Ruschestraße. | Foto: Drescher
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  • Berliner Bürger vermauerten vor dem Sturm auf die Berliner Stasizentrale symbolisch den Haupteingang an der Ruschestraße.
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Berlin. Am 15. Januar 1990 stürmten Hunderte Bürger die Berliner Zentrale des

Ministeriums für Staatssicherheit Um die Vernichtung von Stasiakten zu verhindern, hatten bereits Tausende Bürger am 4. Dezember 1989 die Zentralen in Erfurt, Suhl, Leipzig und Rostock besetzt. Zehn Tage später beschloss die Modrow-Regierung die Auflösung der Stasi. Als Ersatz waren jedoch ein DDR-Verfassungsschutz und ein Nachrichtendienst geplant. Das führte zu massiven Protesten in der Bevölkerung.

"In einer Köpenicker Kirche hatte mir jemand einen Aufruf des Neuen Forums in die Hand gedrückt: man solle am 15. Januar, 17 Uhr, mit Farbe und Fantasie gegen die Umwandlung des SED-Unterdrückungsapparats zum DDR-Verfassungsschutz demonstrieren", erinnert sich Drescher. In einem weiteren Flugblatt hatte das Neue Forum dazu aufgerufen Kalk und Mauersteine mitzubringen, um den ehemaligen Amtssitz von Stasi-Chef Erich Mielke von außen symbolisch zu schließen, während der Gebäudekomplex offiziell den Behörden übergeben wird

"Ich arbeitete damals in einem privaten Fotolabor als Fotograf und wurde als Regimegegner von der Stasi beobachtet. Da musste ich einfach hin", so Ralf Drescher. "Bewaffnet mit meiner Practica zog ich los. Als ich an der Frankfurter Allee eine Überwachungskamera bemerkte, verstopfte ich kurz entschlossen die Linse mit einer Zeitung. Immer mehr Menschen versammelten sich vor dem Haupteingang in der Ruschestraße. "Es waren wohl am Ende tausend Demonstranten", berichtet Drescher. "Symbolisch begannen einige das Tor zu vermauern. Sie brachten Losungen an und durchtrennten die Kabel der Überwachungskameras. Dann riefen sie: ,Stasi raus!‘ und ,Macht das Tor auf!‘. Die Masse drängte immer stärker gegen das Tor und die Rufe wurden immer lauter", so Drescher

"Schließlich öffneten Bereitschaftspolizisten, die die Stasizentrale bereits besetzt hatten, die Tore. Der Menschenstrom konzentrierte sich wie von Zauberhand gelenkt auf Haus 18. In dem größten Gebäude des Areals befand sich neben einigen Büros und einem Veranstaltungssaal der Versorgungstrakt. Angesichts der für die meisten DDR-Bürger bislang unerreichbaren zahlreicher Westprodukte in den Auslagen kochte der Volkszorn hoch. Versperrte Türen wurden eingetreten, Mobiliar zertrümmert und Honecker-Bilder aus dem Fenster geworfen", erinnert sich Ralf Drescher. "Die Situation drohte zu eskalieren."

Der gleichzeitig tagende Runde Tisch, der pikanterweise von Regierungschef Modrow gerade über den Stand der Stasi-Auflösung informiert wurde, unterbrach seine Sitzung. In einer eiligen Rundfunk- und Fernsehansprache riefen Bürgerrechtler die Demonstranten zu Gewaltlosigkeit auf. Modrow eilte in die Normannenstraße, rief über Lautsprecher die Menge zur Besonnenheit auf. Die Appelle fruchteten. "Nach etwa drei Stunden war alles vorbei, und die Demonstranten verließen das Stasigelände", sagt Drescher.

Das Fazit: Die Stasi war am Ende - friedlich, ohne Blutvergießen und Verletzte. Es gab keinen DDR-Verfassungsschutz. Am 31. März 1990 wurde das Amt für Nationale Sicherheit als Nachfolger der Stasi aufgelöst. Die Mitarbeiter mussten sich einen neuen Job suchen. Die Akten wurden gesichert. Das Stasiunterlagengesetz als wichtigstes Ergebnis gewährt den Opfern der SED-Herrschaft Akteneinsicht und ermöglicht bis heute die Überprüfung politischer Mandatsträger.

Michael Kahle / m.k.
Autor:

Michael Kahle aus Mitte

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