250 Bürger wollen Mehrzweckhalle für alle
Mit Rufen "Wir sind das Volk" oder "Wir Männer müssen draußen bleiben" macht so manch einer seinem Ärger Luft. Auch die Frauen sind nicht begeistert. "Wir wollen weiterhin gemeinsam mit unseren Männern hier Sport treiben", erregt sich eine Seniorin. Das Haus sei nicht nur für Frauen, sondern für alle Bürger saniert worden. Inzwischen habe es sich zu einem Familienzentrum entwickelt. Mit der Frauensporthalle würde den Heranwachsenden der Zutritt verwehrt, gibt eine Mutter zweier Kinder zu bedenken.
Bürgermeister Stefan Komoß (SPD), Initiator des Modellprojektes, musste sich harscher Kritik stellen. Teilnehmer der Einwohnerversammlung am Sonntag, 16. Juni, warfen ihm Ignoranz und Eigenmächtigkeit vor.
Stefan Komoß hatte nach seiner Wahl zum Bürgermeister das Modellprojekt ins Gespräch gebracht. Bei der Suche nach einer Halle fiel die Wahl auf die Mehrzweckhalle im Freizeitforum. Sie soll künftig an fünf Tagen in der Woche nur Frauen zugänglich sein.
Die zwei noch verbleibenden Tage der Woche sollten gemischten und Einzel-Gruppen vorbehalten sein. Doch die Rechnung geht nicht auf. An Wochenenden finden in der Halle Veranstaltungen statt.
Die Anfeindungen von Seiten einiger Bürger nahm der SPD-Bürgermeister gelassen zur Kenntnis. Er warb stattdessen für sein "berlinweit einmaliges Projekt" und betonte, dass die momentan nicht ausgelastete Halle und das Freizeitforum durch das Projekt an sich gewinnen würden. Er erinnerte zudem daran, dass seiner Initiative eine Umfrage vorausging, in der rund 500 Frauen sich eine solche von ihm vorgeschlagene Halle wünschten. "Wo sind denn heute all diese Frauen?", entgegnete ihm Bärbel Pahl. Die Lehrerin unterrichtet lern- und geistig behinderte Kinder in einem Integrationsprojekt an der Kolibri-Grundschule in Hellersdorf. Sie hielt Komoß vor: "In dieser Turnhalle (Mehrzweckhalle/d.Red.)spielen lernbehinderte Jungs mit meinen Kollegen Basketball. Da ist etwas vorhanden, was man kaputt machen will". Ein Vater wollte die Umfrage als Argument für eine Frauensporthalle nicht gelten lassen. Im Vergleich zur Bevölkerungsanzahl seien dies nur 0,2 Prozent. "Das ist ein reines Gefälligkeitsgutachten".
Auch andere Argumente des Bürgermeisters für die Mehrzweckhalle als Standort einer Frauensporthalle wie Verkehrsanbindung und Sicherheit überzeugten die Diskussionsteilnehmer nicht. "Warum gerade diese, wenn es doch auch andere Hallen gibt, die diese Kriterien erfüllen würden?", fragte Gabriele Hiller, die sportpolitische Sprecherin der Linken im Abgeordnetenhaus. Sie nannte die Sporthalle an der Schönwalder Straße, die zudem über eine Außenanlage verfüge.
"Wollen Sie das Projekt gegen den Willen der Bürger durchsetzen?", fragte sie. Die Linke-Politikerin und auch die Bürgerinitiative "Halle für alle" fordern einen Neuanfang. Die Sprecherin der Initiative, Ursula Matthias, übergab dem Bürgermeister eine Liste mit 1900 Unterschriften und einen Einwohnerantrag.
Kulturstadträtin Juliane Witt (Linke) schlug in der Diskussion eine Testphase von einem Jahr vor. Die Halle sollte nur an zwei Tagen pro Woche Frauen vorbehalten sein. Der Kompromiss erhielt viel Beifall. Protestrufe erntete dagegen Komoß mit seinem als Kompromiss vorgetragenen Angebot, Männern und gemischten Gruppen die Halle an zwei Tagen zu überlassen. Eine Lösung des Konflikts scheint somit noch nicht in Sicht.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
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