Mekonnen Schiferaw vom Verein Babel über den alltäglichen Rassismus
Herr Shiferaw, Sie sind in Äthiopien geboren, 1980 zu einem Journalistikstudium nach Deutschland gekommen, leben seit 1990 in Hellersdorf...
Mekonnen Shiferaw: ...und ich bin mit Jeannette Shiferaw, meiner großen Liebe aus Berlin verheiratet, und wir haben drei Kinder, die in Deutschland geboren sind. Wir sind alle Deutsche, auch ich.
Werden Sie wegen Ihrer Hauptfarbe manchmal von oben herab angesehen oder sogar beleidigt?
Mekonnen Shiferaw: So etwas passiert mir immer noch, wie allen Migranten, denen man schon von fern ansieht, dass sie eine nichtweiße Hautfarbe haben. Beleidigungen oder gar tätliche Angriffe sind allerdings seltener geworden.
Wann war es am schlimmsten?
Mekonnen Shiferaw: In den 90er-Jahren. Damals haben wir mit der interkulturellen Arbeit im Bezirk angefangen. Wenn wir in Schulen auftauchten, um mit den Schülern Gespräche zu führen, nahmen nicht selten Schüler an den Veranstaltungen einfach nicht teil oder Eltern waren dagegen, dass wir so etwas machten.
Haben Sie die Reaktionen auf das Asylbewerberheim in der Carola-Neher-Straße erschreckt?
Mekonnen Shiferaw: Man muss leider immer mit so etwas rechnen. Wichtig ist, dass die Rassisten kein Podium bekommen. Ich denke, der Bezirk hat aus den Erfahrungen gelernt. Außerdem gibt es auch die anderen, die sich mit den Flüchtlingen solidarisieren.
Ist Marzahn-Hellersdorf eine Hochburg des Rassismus?
Mekonnen Shiferaw: Rassismus gibt es überall, nicht nur hier oder in Berlin oder in Deutschland.
Wo kommt das her?
Mekonnen Shiferaw: Es steckt ganz tief drin in den Köpfen. Es hat es definitiv mit der Kolonialzeit zu tun, mit den Wirkungsmechanismen kolonialer Politik und Ausbeutungsstrategien Europäischer Großmächte.
Wie kann man Rassismus bekämpfen?
Mekonnen Shiferaw: Jedenfalls nicht allein mit der Polizei, nicht einmal allein mit Gesetzen. Aber die Rahmenbedingungen müssen so gestaltet sein, dass das Opfer geschützt wird, dass der Täter bestraft werden kann. Außerdem ist es aber wichtig, dass geduldig mit den Menschen gearbeitet wird, ihr Verstand und ihre Gefühle erreicht werden. Immer wieder muss auf Alltagsrassismus und seine vielfältigen Erscheinungsformen aufmerksam gemacht werden. Das ist letztendlich das, was mein Verein und auch andere Migrantenorganisationen machen.
Wie stehen hierfür die Chancen im Bezirk?
Mekonnen Shiferaw: Seit Januar stellt das Bezirksamt den Migrantenorganisationen erstmalig im Haushalt eine Summe zur Verfügung. Das ist erstmals auch eine Anerkennung, die sich an Zahlen festmachen lässt. Wir haben damit eine stabile Basis für unsere Arbeit. Damit ist Marzahn-Hellersdorf übrigens Vorreiter in Berlin.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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