Der ehemalige Pfarrer Buntrock über Asylbewerber und Vorurteile
Herr Buntrock, warum ein solches Bündnis, was soll und kann es bewirken?
Buntrock: Wir stehen für Werte wie Demokratie, Toleranz und für Mitmenschlichkeit. Zu den Erstunterzeichnern gehören fast 30 Menschen aus der Politik, dem Vereinsleben und der Bezirksverwaltung. Wir wollen den Menschen zeigen, dass ein vernünftiger, menschlicher Umgang mit Flüchtlingen möglich und geboten ist.
Warum engagieren Sie sich dafür?
Ernst-Gottfried Buntrock: Als Kind, während der Nazi-Zeit, habe ich viel Unmenschlichkeit gesehen. Ich bin in Oranienburg aufgewachsen, der Stadt, in der die Nazis das KZ Sachsenhausen unterhalten haben. Wir hatten selbst im Haus eine sogenannte Ostarbeiterin. Meine Erfahrung ist, Menschlichkeit lässt sich nicht nach Nation oder Rasse teilen.
Was sagen Sie den Menschen, die in ihrem Wohngebiet kein Asylbewerberheim haben wollen?
Ernst-Gottfried Buntrock: Wenn es um die Schönagelstraße geht, muss ich nur auf die Geschichte verweisen. Unter Friedrich II. wurden vor 250 Jahren im Dorf Marzahn Kolonisten aus der Pfalz angesiedelt. Das waren Protestanten, die vor Elend und Verfolgung in ihrer Heimat nach Preußen flohen. Einer dieser Pfälzer Protestanten hieß Johann George Schoenagel. Nach ihm wurde in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Schönagelstraße benannt.
Verstehen Sie die Vorbehalte gegen Ausländer, Flüchtlinge?
Ernst-Gottfried Buntrock: In dem Sinne, dass ich weiß, dass jeder Mensch zunächst einmal Angst vor dem Unbekannten hat. Dass Flüchtlinge nur und große Probleme bereiten, ist aber eine Erfindung der Rechten. Gewiss gibt es besondere Probleme, wo unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen. Die kann man aber lösen, indem man aufeinander zugeht. Genau dazu fordern wir auf.
Teile der Linken und auch Ihrer Partei, B90/Grüne, kritisieren, dass die Flüchtlinge in Containern untergebracht werden sollen. Sie auch?
Ernst-Gottfried Buntrock: Nein, das tue ich nicht. Ein Container ist immer noch besser als ein Zelt oder eine Baracke. Freilich fände ich feste, gute Wohnungen besser. Aber das Land ist angesichts dieser Flüchtlingswelle zu schnellem Handeln gezwungen.
Wie viele Flüchtlinge verträgt der Bezirk?
Ernst-Gottfried Buntrock: Marzahn und Hellersdorf hatten vor 25 Jahren zusammen fast 300.000 Einwohner. Nach dem Sinken der Einwohnerzahl während der zurückliegenden zwei Jahrzehnte durch Abwanderung steigt die Zahl langsam wieder und beträgt gegenwärtig über 250.000. Zahlreiche Plattenbauten wurden abgerissen. Es ist also noch viel Platz im Bezirk und im Vergleich mit anderen Berliner Bezirken ist die Zahl der Ausländer noch sehr gering.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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